- Kapitel 6 -

Über Drachen

   Kafei führte sie durch den nördlichen Zugang in die noch wie ausgestorbene Oststadt. Nur drei Zoras schlenderten gemächlich über den Platz. Noch nicht einmal bei der Tür des Gasthofes angekommen, wuselte ein kleiner Junge auf Kafei zu. Er hatte schulterlange, violette Haare mit roten Strähnen und blaue Augen. Seine blaue Bomberuniform passte perfekt dazu. Kafei bückte sich und zog ihn hoch auf seine Arme.

 

   „Na, kleiner Racker. Was machst du schon wieder so früh auf der Straße?“

   „Ich konnte nicht schlafen. Ich weiß einfach nicht, wie ich Naturi helfen kann, diese dumme Kette zurückzubekommen.“

   „Kann das nicht bis nach dem Frühstück warten?“

   „Na gut. Ich hab eh Hunger.“

   „Schön. Schau mal, wer da ist.“

   „L-l-link?“, staunte der Junge. „Es gibt dich wirklich!“, strahlte er. „Aber du bist kein kleiner Junge.“

   „Nicht mehr.“, schmunzelte dieser. „Und du bist demnach – “, er musste kurz lachen, „Auch Link.“

   „Yep!“, grinste der Kleine.

   „Wenn dein Name nicht so selten wäre, hätte ich das hier nicht einmal wirklich skurril gefunden. Aber so – “, seufzte Zelda.

   „Ja. Tut mir leid. Das waren einvernehmliche Entscheidungen der ganzen Familie. Apropos – wunder dich nicht. Cremia hat auch geheiratet. Sie kommen am Tag des Karnevals, um auszuhelfen. Ich bin schon gespannt, wie lange sich Romani zurückhalten kann. Sie hat die ganzen Jahre nur von ihrem Grashüpfer geschwärmt. Es geht einem echt auf den Geist.“

   „Oje. Aber sag mal, jetzt da du es erwähnst – eine Sache ging mir nie aus dem Kopf. Wie konnte sie sich bei der Hochzeit an mich erinnern?“

   „Das weiß ich bis heute noch nicht. Vielleicht solltest du sie selbst fragen.“

   „Sie war ein Kind – “, hauchte Zelda, bevor Kafei die Tür öffnen konnte.

   „Was?“

   „Ein Kind – sie war noch ein Kind! Ihre Schwester hat ihr die Geschichte mit den Geistern nie geglaubt, oder?“

   „Nein.“, überlegte Link.

   „Cremia konnte sich auch nie erklären, woher Romani Link kannte.“, Kafei zog nachdenklich die Augenbrauen zusammen. „Sie hat gesagt, sie hätte dich oft getroffen und gelernt – Sie – selbst zu verjagen.“

   „Und du hast doch gesagt, auch das Goronen-Baby hätte dich immer wieder angesehen, als würde es dich schon kennen.“

   „Das liegt vielleicht daran, dass es dachte, ich wäre Darmani. Aber meinst du – meinst du damit etwa – ?“, dämmerte es Link.

   „Kinder. Ich bin mir sicher, alle Kinder auf der ganzen Welt haben mitbekommen, dass diese drei Tage sich immer wieder wiederholt haben.“

   „Auf der ganzen Welt?“

   „Link. Du hast die Zeit nicht nur in Termina verändert. Auch Hyrule wurde wieder und wieder in deine Zeitschleife gezogen. Wenn ich nicht irgendwann aufgehört hätte, mitzuzählen, könnte ich dir wohl besser sagen, als du selbst, wie oft du die Zeit zurückgedreht hast. Und das liegt sicher nicht nur an meiner Rolle in diesem Universum. Kinder sind einfach viel empfänglicher für solche Dinge. Auch für alle anderen Formen von Magie und die einzelnen Parallelwelten.“

   „Über was redet ihr da, Papa?“

   „Ach nichts, mein Kleiner. Erwachsenendinge. Darüber musst du dir noch nicht den Kopf zerbrechen. Oh – genau – geht doch mal ein Stück in den Platz hinein und schaut euch den Gasthof an.“, sie taten wie geheißen.

   „Whow!“, staunte Link, als er das zusätzliche Stockwerk sah.

 

   Ihm war nicht einmal aufgefallen, dass der Holzpfosten, der sonst das Vordach gehalten hatte, gegen einen steinernen Pfeiler ausgetauscht worden war. Das Vordach war verschwunden. Stattdessen thronten eben zwei gesamte Stockwerke über ihnen. Auf dem Dach gab es einen terrassenartigen Einschnitt mit Geländer und großen Pflanzentöpfen. Die Glocke fand Link nach einem kurzen Blick umher, auf dem Dach der Milchbar.

 

   „Jetzt, wo die Gorman-Truppe mehr als doppelt so groß ist und noch immer massenhaft Leute den Karneval feiern, hatten wir das bitter nötig. Auch nach hinten haben wir ausgebaut. Wir hatten immer einen begrünten Innenhof zwischen den Mauern. Dort ist jetzt ein Speisezimmer. Sonst wurde das Essen immer auf die Zimmer gebracht, oder eben ein Tisch in die Küche gestellt. Damit ist jetzt Schluss. Die Küche wurde aufs Nötigste verkleinert, um mehr Platz für das Speisezimmer zu schaffen. Eine Sache fehlt noch. Euer Zimmer. Wir haben diese Rumpelkammer gelassen. Als Anju von eurem Kommen erfahren hat, hatte sie echt zu tun, es wieder einigermaßen bewohnbar zu machen. Jetzt steht der ganze Krempel halt im Keller, im ohnehin schon vollen Lager neben der Waschküche. Auf den ersten Blick sieht man drinnen nicht viel, da wir die Rezeption fast belassen haben. Nur ein paar Mängel wurden ausgebessert.“

   „Ihr habt vielleicht Nerven.“, gluckste Link.

   „Schon möglich. Ach und noch was. Anidja empfängt euch vielleicht mit offenen Armen, aber ihr Hass mir gegenüber ist noch immer nicht abgeklungen. Sie versucht nach wie vor, alle möglichen Ausreden zu finden, um mich zu tiefst zu schikanieren. Also wundert euch nicht, wenn es mal zu heiß wir. Niemand wird euch verübeln, wenn ihr die Flucht ergreift. Das Einzige was sie eventuell wieder runter bringt ist, wenn man sie an das Leidwesen der Gäste erinnert. Aber man kann sie verstehen, jetzt wo Anju nicht mehr bei ihr wohnt – wofür sie mir ja die alleinige Schuld zuschreibt, so als würde ich Anju zwingen. Also – auch das Rathaus hat ein Stockwerk mehr. Anju ist bei mir eingezogen. Wir haben jetzt unser eigenes Zimmer, für den Notfall ein Kinderzimmer zu viel und zwei Gästezimmer, sowie ein großes Badezimmer mit getrennter Wanne und Dusche. Ah!“, er hatte etwas gehört.

 

   Irgendwo war eine Tür aufgegangen und Schritte näherten sich. Sie kamen Link bekannt vor. Und tatsächlich, es war eine bekannte Person. Auch sie hatte ihre Haare nun etwas länger und den Scheitel auf der anderen Seite. Doch ihre Lieblingsfarben hatten sich nicht verändert. Ihr langer, rotbrauner, blau bestickter Rock schwang mit jedem Schritt. Als Oberteil trug sie eine enge, blaue Weste mit weißen Rüschen an den Säumen. Als sie aus ihren Gedanken herausdriftete und sah, wer sie beobachtete, stolperte sie erschrocken die letzten Stufen hinunter und schlug die Hände vor den Mund. Das nächste was Link mitbekam war, dass er ein Büschel roter Haare prustete.

 

   „Oh – es tut mir so leid. Alles in Ordnung?“, ließ sie von ihm ab.

   „Geht schon.“, keuchte Link.

   „Ich war nur momentan etwas froh, dich wieder zu sehen. Oh – und – du – musst – “

   „Ja.“, lächelte die Angesprochene. „Ich bin die besagte Frau Ledaz.“

   „Anju.“, etwas zögernd, gab sie Zelda dennoch diskret die Hand.

   „Ich soll dir einen Gruß von deiner Schwester ausrichten.“

   „Ihr – ähm – du – kennst sie?“

   „Ja. Sie lässt sich für die Absage entschuldigen, da sie doch kommen kann. Allerdings erst am Tag des Karnevals.“

   „Ernsthaft?“, Anju wirkte sehr misstrauisch. „Nicht, dass ihr wieder irgendwas dazwischen kommt.“

   „Nein. Sie hat versprochen, dass sie kommt. Zuerst war sie sich nicht sicher. Ich habe schon gefragt, ob ich nicht doch die Säbel mitnehmen soll, aber sie hat gesagt, sie kommt ganz sicher.“

   „Die hat schon viel versprochen aber nur wenig davon gehalten.“, schnaubte Anju mit einer abwertenden Geste.

   „Säbel?“, fragten Link und Kafei gleichzeitig.

   „Papa. Ich hab Hunger.“, jammerte der kleine Link.

   „Oh! Ihr seid ja auch hier!“, staunte Anju. „Ach so. Natürlich. Wer hätte sie sonst in Empfang genommen.“

   „Ja, wir sind auch hier.“, murmelte Kafei etwas mürrisch. „In Ordnung. Jetzt da wir uns alle unserer Anwesenheit bewusst sind, können wir uns dem Drachen stellen, oder?“

   „Ist sie wirklich noch immer so schlimm? Dominant, ja. Dass sie unverschämt und pervers ist, war mir auch klar. Aber tatsächlich so ein Monster?“, fragte Link.

   „Warte ab und sieh selbst.“, sagte Anju. „Wer geht vor? Wir sind doch beide so gut wie tot.“

 

   Das bedeutete in Link’s Augen wirklich nichts, mit dem man scherzhaft umgehen sollte. Kafei beschloss, das Risiko auf sich zu nehmen und öffnete die Tür. Es hatte sich wirklich kaum etwas verändert. Und da, hinter dem Tresen stand der grüne Drache, die roten Haare streng hochgebunden und stolz den Bauchumfang präsentierend.

 

   „Guten Morgen.“, trällerte Kafei, sich nicht aus der Ruhe bringen lassend und setzte sein Kind ab. „Lauf schon mal ins Speisezimmer und unterhalte die ersten Leute dort. Ich bin mir sicher, es ist schon jemand munter. Wenn nicht, warte dort auf uns, ja?“, flüsterte er ihm zu, der Kleine nickte und trippelte davon.

   „Das nennst du gut?“, fauchte sie über Kafei’s Anweisung hinweg. „Ich bin fix und fertig und dann muss ich auch noch dein Gesicht als erstes sehen.“

   „Mutter!“, mahnte Anju. „Wir haben Gäste!“

   „Ach – deine Frau Ledaz? Ist sie schon hier?“

 

   Anju trat beiseite, um die beiden einzulassen. Schlagartig änderte sich die Miene ihrer Mutter. Offenbar war der erste Eindruck, den die schlicht gekleidete, aber dennoch gepflegte Zelda bei ihr hinterließ, positiv.

 

   „Einen wunderschönen guten Morgen und willkommen im Gasthof zum Eintopf. Verzeihen Sie mir bitte meine Laune, aber ich habe mir meinen Schwiegersohn nicht ausgesucht. Bürgermeister hin oder her. Er – “, sie hatte Link entdeckt. „Anju, du kleines, verlogenes Ding.“

   „Ehrlich, Mutter. Ich wusste nicht, dass er kommt.“

   „Ja, ja. Erzähl das jemand anderem.“

   „Sie wusste nicht, dass ich komme.“, verteidigte Link sie, als Anidja eine Platte des Tresen aufklappte, die kleine Tür darunter öffnete und ihm mit weit ausgebreiteten Armen entgegenkam.

   „Dass du dich überhaupt hertraust, nach all den Jahren.“, zu Link’s Glück sah sie seine ausgestreckte Hand rechtzeitig und hielt an. „Was denn? Noch immer Berührungsängste gegenüber Frauen?“

   „Ich – äh – “, wusste er nicht recht, ob er ihr nicht ins Gesicht schleudern sollte, dass er nicht zerquetscht werden wollte, hielt es aber dann doch für besser, den Mund zu halten.

   „Na wie du meinst.“, sie schüttelte ihm dennoch sehr kräftig die Hand. „Du bist verdammt groß geworden. Größer als dieser Bengel, wenn ich mir das so ansehe.“, sie verglich ihn und Kafei kurz, wobei sie doch sehr gezielt, mehr auf Link sah. „Und wie kommst du zu so einer hübschen Begleitung?“, wandte sie sich an Zelda.

   „Sie dürfen ruhig Leunija zu mir sagen.“

   „Leunija Ledaz?“

   „Genau.“, lächelte diese, sich weitaus weniger anmerken lassend als Link und schüttelte ihr ebenfalls die Hand.

   „Anidja.“

   „Sehr erfreut.“

   „Ach ja. Die Schlüssel.“, sie eilte zum Tresen und wieder zurück und gab sie Link. „Ich nehme an, du weißt noch, wo es ist.“, Link nickte. „Gut. Von Sieben bis Neun gibt es Frühstück und Abendessen. Mittagessen ist zwischen Eins und Drei. Der Rest der Zeit bleibt euch überlassen. Und wo wir gerade dabei sind, Frühstück ist angerichtet. Ihr seht ziemlich abgemagert aus, also hurtig, hurtig. Ich hab schon gegessen. Also erwartet nicht, dass ich mir den Tisch grundlos mit ihm hier Teile.“, sie nickte kurz zu Kafei und begab sich wieder auf ihren Posten.

 

   Kafei schüttelte nur leicht den Kopf, sagte aber nichts dazu. Sich gegen diese Frau zu verteidigen, hatte er schon lange aufgegeben. Gegen sie half nur noch; wie Link einst schon festgestellt hatte; Gift oder ein Schwert, wobei er sich nicht einmal sicher war, ob sie nicht gegen beides resistent war. Er ging mit Anju schweigend voraus und die anderen beiden folgten ihm. Bis die Tür zum Speisezimmer hinter ihnen geschlossen war, verlor niemand ein Wort.

   An einem Tisch an einer der Eckebänke, an dem auch zwei Sessel standen, saß Klein-Link und wartete schon verzweifelt. Nur wenige Frühaufsteher befanden sich bereits im doch recht großen Raum. In der Mitte war ein Buffet aufgebaut. Als sie sich dort hin begaben, sprang auch der Junge auf und gesellte sich zu ihnen.

   Es gab Verschiedenes aus den einzelnen Regionen Terminas. Link fragte sich, ob und wie lange sie alle gebraucht hatten, um sich auf die fremden Speisen einzustellen. Er wollte es jedoch gleich wissen und lud sich kleine Mengen von allem auf, was einigermaßen genießbar erschien. Während seinem ersten Aufenthalt hatte er nie im Gasthof gegessen. Das Hochzeitsmahl konnte man schließlich nicht als Teil des Gasthofes ansehen. Eigentlich hatte er damals auch sonst nicht viel anderes als Tränke und gelegentlich Milch zu sich genommen – obwohl – einmal hatte er ein Felsenfilet probiert, nur um zu wissen, warum Goronen es mochten. Trotz Verwandlung hatte er ihm dennoch nicht viel abgewinnen können.

 

   „Leunija?“, zischte Link kichernd, als Zelda es ihm fast gleichtat, nur dass ihr Teller nicht ganz so voll war.

   „Lach nicht. Das ist mein zweiter Vorname. Sie muss noch nicht wissen, wer ich wirklich bin. Gib her.“

 

   Sie nahm zwei aufeinandergestellte Teller und legte Besteck auf sie. Diese Teller hob sie zwischen linkem Daumen und Zeigefinger auf, stellte ihren mit dem Daumen stabilisierend auf die restlichen, aufgestellten Fingerkuppen und zog Link seinen gefüllten Teller aus der Hand. Diesen stellte sie, ohne lange balancieren zu müssen, mittig auf ihren Unterarm und schnappte sich mit der rechten Hand ein Glas Saft. Ihren völlig verdatterten Freund am Buffet zurücklassend, ging sie zum Tisch und stellte alles geschickt wieder ab.

 

   „Kommst du oder hast du vor, Deku-Baum zu spielen?“, scherzte sie und setzte sich neben Anju, ihm den Platz an Kafei’s Seite lassend.

 

    Mit einem Ruck riss es Link aus seiner Trance. Er wählte recht schnell sein Getränk: frisch gekochter Kräutertee und Wasser. Er brauchte etwas Neutrales, nur für den Notfall. Die Familie und auch Zelda hatten bereits zu essen begonnen. Link der Jüngere saß zwischen seinen Eltern und aß genüsslich an etwas Breiartigem – oder wohl eher etwas einst Festem, das er mit Milch zu einer gallertartigen Masse abgerührt hatte. Noch immer perplex, nahm Link Platz und starrte Zelda an.

 

   „Was? Hast du ein Gespenst gesehen – ach nein. Dann hättest du es schon zerschnitten. Könntest du deine Waffen zumindest beim Frühstück ablegen?“

   „Nein.“, murrte Link. „Ich hab Hunger. Das einzige Mittel dagegen heißt essen, nicht ausziehen.“

   „Kommt auf die Art des Hungers an.“, kicherte Kafei verhalten.

   „Kafei.“, mahnte Anju zischend. „Erstens, essen wir, zweitens, sitzt Link am Tisch.“

   „Mir macht so etwas nichts aus.“, sagte dieser und fing an zu essen.

   „Nicht du.“, stöhnte Anju.

   „Mama. Ich weiß, was Papa gemeint hat und dass ich nicht vom Himmel gefallen bin.“, Kafei verschluckte sich. „Und mir ist egal, worüber beim Essen geredet wird. Ich weiß, wie Kinder entstehen und was mit dem Essen geschieht, nachdem es verdaut wurde. Auch hab ich keine Angst vor Monstern, noch ekle ich mich vor Blut.“

   „Na schön, kleiner Mann. Aber mir ist es nicht egal, worüber beim Essen gesprochen wird.“, schnaubte Anju und biss provokant von ihrem Brot ab.

   „Ihre Gene, ja?“, schmunzelte Link.

   „Ich hab gesagt, sie hatten eine kleine Chance.“

   „Weißt du, kleiner Namensvetter, wir sollten dir einen Spitznamen geben.“, überlegte Zelda. „Damit ihr beide nicht verwechselt werdet.“

   „Mein Name besteht aus einer Silbe. Spitznamen sind da, um lange Namen zu kürzen. Was willst du hier bitte kürzen?“

   „Spitznamen kürzen nicht unbedingt zwingend.“, meinte der ältere Link. „Ich wüsste nicht, was an `Grashüpfer´ kürzend sein sollte.“

   „Schön.“, sagte Kafei. „Das wäre geklärt. Du heißt ab sofort nur noch Grashüpfer und mein Sohn darf seinen Namen behalten.“

   „Nein!“, protestierte Link jammernd.

   „Aber du hast doch schon einen Spitznamen. Warum soll ich mein Kind auf einmal umbenennen? Er hat sich gerade erst an seinen Namen gewöhnt.“

   „Nein!“, wiederholte Link im selben Tonfall. „Ich hab meinen schon länger. Und du hast mich nicht gefragt, ob ich damit einverstanden bist, dass du eines deiner Kinder nach mir benennst.“

   „Doch. Hab ich. Und du hast zugestimmt. Zwei mal sogar.“

   „N- “, wollte er erneut widersprechen, erinnerte sich aber leider daran. „He! Das war ironisch gemeint!“

   „Du hast zwei mal Ja gesagt. In einem Gerichtsprotokoll wird auch nicht festgehalten, ob du belanglos geklungen hast, wenn du etwas gesagt hast.“

   „Wenn es wichtig für die Bedeutung ist, schon.“, verteidigte Zelda.

   „Du, halt dich da raus, wenn du mich nicht verteidigen kannst.“

   „Ich bin nicht deine Anwältin, Kafei.“

   „Ruhe im Gerichtssaal.“, mahnte Anju.

   „Abgewiesen.“, mampfte ihr Sohn kalt.

   „Was?“, stockte sie.

   „Du hast den Richter gehört.“, beschwichtigte Zelda. „Einspruch abgewiesen.“

   „Das ist unfair! Ich will doch nur in Ruhe essen!“

   „Dann bist du in den nächsten Tagen hier fehl am Platz.“, grinste Kafei. „Wenn Link keine Fee bei sich hat, muss er selbst für sich sprechen und lässt sich das auch nicht nehmen. Und ich hab keine Lust, mich widerstandslos vollquatschen zu lassen.“

   „In drei Tagen sind wir ohnehin wieder weg. Dann hast du für die nächsten sieben Jahre deine Ruhe.“, lächelte Link.

   „Nein!“, wand Anju ein.

   „Ach?“

   „Ich bitte euch. Bleibt zumindest bis zum Ende des Karnevals. Ihr habt meine Mutter gesehen. Vielleicht könnt ihr sie umpolen. Ich hasse ihre Einstellung zu Kafei.“

   „Und sie hasst deine Einstellung zu Kafei.“, ergänzte Link.

   „Und obendrein hasst sie grundlos jedes kleinste Fünkchen meiner Existenz.“, fügte das neue Gesprächsthema hinzu.

   „Dauert der Karneval wieder eine Woche?“

   „Nein. Diesmal sind es zwei. Aber nur dieses Mal.“

   „In Ordnung. Wir tun unser Bestes.“, seufzte Link. „Aber nur, wenn nicht ich meinen Namen abgeben muss.“

   „Danke.“, hauchte Anju.

   „Also, Junge.“, überlegte Zelda. „Um mir gegenüber fair zu sein, wir wär’s mit Knil? Oder Nilk?“

   „Nikl.“, kicherte Kafei.

   „Iknl – Ikln – Ilkn – Ilnk – Inkl – Inlk – Kinl –Kiln – Klin – Klni – Knli – Lkin – Lkni – Lnik – Lnki – Likn – Nkil – Nkli – Nikl – Nlik – Nlki – “, zählte sein linker Sitznachbar überraschend schnell die anderen Möglichkeiten auf.

   „Link!“, mahnte Zelda.

   „Ja! Den letzten nehme ich!“, grinste der Junge.

   „Nein. So heiße ich schon.“

   „Wie hast du das so schnell gemacht?“, fragte Zelda.

   „Ich – hab’s auswendig gelernt.“, verzog er das Gesicht.

   „Was?“, sagten die anderen im Chor.

   „Manchmal war mir doch langweilig. Ist das ein Verbrechen? Außerdem – wo hast du das Kellnern gelernt?“

   „Lenk nicht vom Thema ab.“, zischte Zelda.

   „Wo hast du das Kellnern gelernt?“

   „Sehe ich aus wie eine kleine, verhätschelte Prinzessin?“

   „Wenn ich dich daran erinnern darf,“, Link senkte seine Lautstärke, „Du bist eine kleine, verhätschelte Prinzessin.“

   „Das war ich nie.“, sagte Zelda knapp. „Ich habe nur schweigend angenommen, was mir gegeben wurde. Wenn du es bis jetzt nicht gemerkt hast, solltest du in den nächsten Tagen die Augen öffnen. Dann siehst du vielleicht, wie klein und verhätschelt diese Prinzessin ist.“

   „Jetzt – nimm das nicht so ernst. Du weißt, wie ich das gemeint hab.“, jammerte Link.

   „Ich meine auch nur.“, sie schlang ihren letzten Bissen hinunter. „Wenn ihr mich entschuldigt, ich möchte Anidja gerne zur Hand gehen. Vielleicht kann ich den Drachen heute schon zähmen.“

 

   Mit diesen Worten stand sie auf, nahm das nicht mehr gebrauchte Geschirr und Besteck mit und servierte auch auf den an anderen Tischen ab. Ohne ein weiteres Wort zu sagen, verließ sie damit den Raum.

 

   „Was bei allen Mächten des Himmels war das denn?“, hauchte Kafei.

   „Wenn ich mich nicht täusche und richtig zurückerinnern kann, nennt man das Pubertät, oder? Wenigstens muss ich heute nicht abwaschen.“, seufzte Anju. „Danke, Link. Auch, wenn du dich vielleicht im Laufe des Tages bei ihr entschuldigen solltest.“

   „Sie ist schon eine Prinzessin, oder?“, fragte Kafei.

   „Sie ist eine halbe Shiekah.“, seufzte Link.

   „Ja – das schon. Das hab ich gespürt. Aber sie ist eine Prinzessin, oder?“

   „Ich weiß, was du meinst. Das hab ich mich heute schon mehrmals gefragt.“

 

 

 

   „Anidja?“

   „Ja, Liebes? Ach du meine Güte! Was machst du mit dem Geschirr?“

   „Ich bin fertig und dachte, ich gehe dir ein bisschen mit dem Gasthof zur Hand.“

   „Du bist Gast hier!“, staunte Anidja.

   „Bitte. Ich will das. Außerdem ist es das Mindeste, was ich im Gegenzug tun kann.“

   „Gegenzug?“

   „Ich brauche Hilfe. Um ehrlich zu sein, brauche ich nur eine Torte – bis morgen Früh.“

   „Das musst du mir erklären. Aber zuerst weck ich Kari auf, damit sie mich hier vertritt.“

 

 

~o~0~O~0~o~

 

   „Bist du fertig?“

   „Gleich.“

   „Da ist ja Anju schneller mit dem Umziehen.“

   „Halt die Klappe. Ich – hab – mich – verknot- “, ein dumpfes Geräusch drang aus dem Zimmer.

   „Link? Lebst du noch? Alles in Ordnung?“

   „Ja.“, stöhnte dieser. „Knoten gelöst.“

   „Was bei den Mächten der Finsternis machst du da drinnen? Du wolltest dich ja nur umziehen.“, Kafei lauschte.

 

   Die Tür ging auf. Kafei staunte nicht schlecht. Link trug ein enges, braunes Gilet mit einem langärmeligen, grünem Hemd darunter. Unten herum hatte er eine enge, schwarze Hose an, die an den Stiefeln zu Trompeten auseinander ging. Nur die Mütze hatte sich nicht geändert.

 

   „Du trägst – was Enges.“, hauchte Kafei halb kichernd.

   „Ist das ein Problem?“

   „Nein. Ungewohnt, aber es passt dir. Warte. Du bist total zerzaust.“, er strich Link’s vorne herausstehende Haarbüschel gleich und rückte die leicht schiefe Mütze zurecht. „So. Jetzt bist du öffentlichkeitstauglich. Was war los?“

   „Ich Idiot hab die Stiefel vor der Hose angezogen und wollte sie nicht noch einmal auszuziehen. Ich hatte zwar meine Probleme, aber es ist mir gelungen, wie man sieht.“, Kafei schüttelte nur den Kopf. „Sag mal – gibt es diese berühmtberüchtigte Schneiderin noch?“

   „Ja – wieso? Ist dir eine Naht geplatzt? Nähen kann ich auch ein bisschen.“, kicherte Kafei.

   „Nein. Es ist etwas komplizierter. Ich hab Zelda was versprochen. Sie will unbedingt, dass ich bei der Eröffnung des Karnevals das Gesicht der Grimmigen Gottheit trage. Sie hat es sich nicht ausreden lassen. Und ich Volltrottel hab zugestimmt. Leider hab ich eine Sache nicht bedacht. Die Maske funktioniert nicht überall. Ich will sie nicht enttäuschen, da sie unbedingt wissen will, wie ich damit aussehe. Vor dem Kampf gegen Majora – naja – der Raum hat so gespiegelt, dass ich mehrere Minuten lang nur dagestanden habe und – sagen wir, ich weiß ganz genau, wie ich nach der Verwandlung aussehe. Ich wüsste zwar nicht, wo ich auf die Schnelle ein derartiges Schwert herbekomme, aber da du gesagt hast, dass diese Schneiderin alles macht, solange der Preis stimmt.“

   „Ist das dein Ernst?“

   „Ich weiß nicht wie ich mich sonst – “

   „Sag ihr einfach die Wahrheit.“

   „Bitte. Ich will auch, dass sie es sieht.“

   „Na gut – also – wenn es nicht überkompliziert ist, bekommt sie es sicher bis zum Maskenball fertig.“

   „Das wäre fabelhaft. Wir bräuchten dann nur noch Farbe für die Gesichtsbemalung und etwas, mit dem ich meine Haare bleichen kann.“

   „Bleichen?“, lachte Kafei. „Nein. Das weiß ich was Besseres. Ich hab da so eine Creme, die du dir in die Haare schmieren kannst. Bei deiner Haarfarbe dürften sie fast weiß werden. Das Zeug wirkt echt und ist auswaschbar.“

   „Du bist meine Rettung, Kafei. Und die andere Farbe?“

   „Das ist nicht mein erster Karneval.“, zwinkerte er ihm zu. „Na dann haben wir ein Ziel, denke ich. Ich muss ohnehin was bei ihr abholen.“

 

   Gemächlich verließen sie den Gasthof in Richtung Weststadt. Kafei wollte die Abkürzung nehmen, doch Link bat ihn um den südlichen Weg. Zwar war die Stadt nicht mehr so verschlafen wie vor anderthalb Stunden, von Karnevalsstimmung war aber noch keine Spur. Jedoch war schon wesentlich mehr los, als Link es gewohnt war. Der Grund, warum er Kafei gebeten hatte, den Umweg zu gehen, war ein Interesse das zwar nicht nötig war, aber sehr viel Arbeit ersparen konnte. Beim Ort seines Interessens angekommen, hielt er ohne Vorwarnung an. Kafei ging schnurstracks weiter. Etwas erschrocken blieb er stehen und schnellte herum, als er Link’s Stimme hörte.

 

   „Guten Morgen.“, sprach dieser den Bankier an.

   „Guten Morgen. Was kann ich für Sie tun?“

   „Ich – wie soll ich sagen – ich bin wieder da.“

   „W- bei den Giganten! Wenn das nicht unser Vielverdiener ist! Link! Wie geht es Ihnen?“

   „Mehr recht als schlecht. Und selbst?“

   „Ich kann mich nicht beklagen. Sie wissen schon, dass ich noch eine ganz schöne Summe von Ihnen da habe, oder?“

   „Tatsächlich?“, schön, diese Frage wäre beantwortet.

   „Ja. Sie haben Glück. Normalerweise lagere ich ohne Lebenszeichen maximal fünf Jahre. Aber da ich ohne Sie gar nicht mehr lagern könnte – “

   „Das freut mich, danke.“

   „Ah – der Herr Bürgermeister.“, bemerkte er ihn erst jetzt, da Kafei zu kichern begonnen hatte. „Einen wunderschönen guten Morgen.“

   „Das ist er in der Tat.“, grinste Kafei. „Trotzdem müssen wir weiter. Komm, du Grashalm. Sonst kannst du dir dein Prachtexemplar selbst nähen.“

   „Dann – einen schönen Tag noch.“, wünschte Link.

   „Danke vielmals. Den wünsche ich den werten Herren ebenfalls.“

   „Selbstlos?“, kicherte Kafei. „Nicht materialistisch?“

   „Noch einmal. Das habe ich nie behauptet.“, grinste Link. „Ich bin nur zu faul um mir mein Geld schon wieder zu mähen.“

 

   Sie betraten das Trainingscenter, grüßten belanglos und gingen durch die Tür hinter dem Gong nach oben. Alles was Link vorfand, war ein spärlich beleuchteter, schmaler Korridor mit Parkettboden. Das Licht kam nur durch zwei kleine Fenster, je eines hinter und eines vor ihnen. Ab nun wurde es eng. Zwei Frauen, die Arme voll mit Büchern, kamen aus der von ihnen entfernteren der zwei einzigen Türen im Korridor. Link wollte schon die erste Tür öffnen und die Schneiderei betreten, doch Kafei war schneller – unnötigerweise. Er schliff seitlich vor Link, drückte mit dem Rücken zur Tür die Schnalle herunter und verschwand mit einem Grinsen.

   Kopfschüttelnd folgte Link ihm und schloss die Tür hinter sich, gerade um eine ältere Dame, über einem großen Tisch gebückt zu sehen, auf dem Stoffbahnen und Schnitte aufgelegt waren. An einem anderen Tisch saß ein Mädchen, nicht viel älter als Link, mit kurzen, unordentlichen, dunkelbraunen Haaren. Vor ihr waren ganz offensichtlich Entwürfe aufgebreitet. Auch als sie aufsah, hörte sie nicht auf, an ihrem Stift zu knabbern. Links gab es noch zwei weitere Türen. Hinter den Tischen war ein Durchgang mit einem Vorhang davor. An und für sich war der Raum recht klein. Dennoch kam es einem nicht vor, eingeengt zu sein.

 

   „Ich sehe, du strahlst.“, sagte die alte Dame, die Link bereits bei Kafei’s Hochzeit gesehen hatte und lächelte Kafei schelmisch von unten herauf an. „Nein – du denkst, du strahlst.“, Link hatte keine Ahnung, was das bedeuten konnte. „Und wer ist der junge Mann an deiner Seite?“

   „Das, Ydin, ist Link.“, grinste Kafei breiter.

   „Oh!“, ihr Ausdruck verstärkte sich noch mehr. „Ein herzliches Willkommen. In Begleitung oder ein Anliegen?“

   „Ähm – irgendwie beides.“, überlegte Link.

   „Schön, schön. Nun – Ora kann dir weiterhelfen. Ich muss unseren verlorenen Sohn glücklich machen. Komm, Spätzchen.“

 

   Nun war Link noch mehr verwirrt. Normalerweise hätte er es für eine Redewendung gehalten. Als ihm Kafei aber aufgeregt grinsend zuwinkte, als würde er einem Kind zuwinken, hatte Link echt seine Zweifel, was er davon halten sollte. Selbst die Tür wurde abgesperrt. Er beschloss, auf die Antwort zu warten und ging auf Ora zu.

 

   „Mach dir nix draus.“, seufzte sie. „Die war’n immer schon so. Keine Ahnung, was dahinter steckt. Ich hab gelernt, es hinzunehm’n.“

   „Gut. Also die Sache ist die – “, er besah sich ihre Entwürfe, „Ich weiß nicht, wie ich am besten anfangen soll. Ähm – “

   „Was soll’s werd’n?“, fragte sie monoton.

   „Eine Art Rüstung. Macht ihr so was auch?“

   „Wir mach’n alles. Du wärst überrascht, was wir so alles an Material hab’n. Wenns’t allerdings ’ne richtige Metallrüstung wills’, bist du hier falsch.“

   „Ich weiß. Dann muss ich in die Berge.“

   „Gut. Du kenns’ dich also aus.“

   „Ja.“, lächelte Link verschmitzt.

   „Na dann stell dich mal g’rade hin.“, er tat wie geheißen. „Gerade. Nich wie’n Brett – ja – so is’s gut.“, sie schnappte sich ein größeres leeres Blatt und begann darauf loszukritzeln. „Soll die Haube mit rauf?“

   „Ja.“

   „Kanns’t eine Hand in die Hüfte stemm’n un’n gleich’n Fuß n’bisschen seitlich nach vor? Perfekt. Is für die Ansicht’n.“, sie kritzelte weiter. „So. Umdreh’n un’as ganze noch mal.“, er hörte, wie der Stift über das Blatt schnellte. „Gut. Danke. Schau’s dir an. Das is mal die Grundzeichnung. Da kommt jetzt der Rest drauf.“, Link staunte, als er sah, wie sehr ihm die Zeichnungen ähnelten. „Wie stells’ du dir das alles vor?“

   „Also – ein leichter Unterrock und darüber ein Brustpanzer. Für den Unterrock hab ich was da.“

   „Was’n?“, er nahm seine Mütze ab und zog seine grüne Kampfkleidung hervor. „Spinn ich jetz’ oder was? Ne. Ich kenn das bis jetz’ nur von Geldbörsen! So gib’s das auch?“

   „Ja. Aber ich schätze, du kommst nicht an so eine Mütze ran. Lange Geschichte.“

   „Auch egal. Na lass mal seh’n. Den Stoff so ähnlich?“

   „Der Stoff ist egal. Er sollte nur angenehm sein, ungefähr gleich fallen und nicht allzu schnell zerreißen. Nur für den Notfall. Und da der Panzer darüber kommt, kann es ruhig enger sein. Und die Unterwäsche hab ich auch hier. Sie sollte in einem ziemlich dunklen blau sein, fast schwarz.“

 

   So tüftelten sie eine ganze Weile weiter, bis Link seinen Augen nicht mehr traute. Es war genau das Bild, das er in Erinnerung hatte. Wenn er jetzt nur noch ein Schwert bekommen könnte. Vielleicht sollte er wirklich in der Bergsiedlung vorbeischauen.

 

   „Passt das alles soweit? Auch die Handschuhe?“

   „Könnte nicht besser sein. Ihr habt wirklich so einen Stoff in dieser Farbe? Und auch das stabile Leder?“

   „Denk schon. Bis wann soll’s eig’ntlich fertig sein?“

   „Zur Eröffnung des Karnevals.“

   „Hm. Alle Komplikation’n miteinberechn’nd – müsst’s machbar sein. Sogar n’bisschen schneller. Wir müssn ohnehin n’bisschen Zeit lass’n, falls was geändert werd’n muss. Ich würde morg’n gen Mittag noch mal herkomm’n. Nur, falls irgendwas is. Jetz’ brauch ich deine Maße.“, sie gab ihm weitere Anweisungen, wie er sich hinstellen sollte, maß ab und krakelte die Zahlen mit Kürzlebezeichnungen nieder. „Die Haube. Ich nehm nich an, dass du sie da lass’n willst?“

   „Nein. Da ist mein gesamtes Hab und Gut drin.“

   „Sag das bloß nich in der Öffentlichkeit.“

   „Oh – keine Sorge. Da kommt keiner ran.“

   „Das sag’n alle unvorsichtig’n Leute.“

   „Ich weiß mich durchaus zu verteidigen.“, schmunzelte Link.

   „Wenn man den Geschicht’n um dein’n Namen glaubt, ja. Gut. Darf ich jetz’ deine Haube abmess’n?“

   „Oh. Sicher. Entschuldige. Aber sie sollte ein bisschen größer sein, damit ich sie über die hier stecken kann.“

   „Tz.“

   „Aber nicht viel größer.“

   „Und das Gewand da nimms’e auch wieder mit.“

   „Würde ich schon gerne.“

   „Geht klar.“, sie maß die letzen Abstände. „So. Das hätt’n wir. Der unangenehme Teil. Kosten. Den fix’n Preis kann ich dir erst zum Schluss sag’n. Aber wenn ich mir das alles so ansehe, plus die Wegkost’n zum Schmied weg’n der Metallteile – “

   „Oh – das kann ich übernehmen. Mir fällt ein, ich muss ohnehin zu ihm.“, sagte er hastig und setzte seine Mütze wieder auf.

   „Na dann fällt das weg. Schau aber, dass er die Teile dann wirklich spätest’ns übermorg’n in der Früh fertig hat. Sons’ könn’n wir sie nich mehr annäh’n. Hast du auch’n Schwert für die Scheide?“

   „Das vertraue ich dem Schmied an.“

   „Gut. Ich mach dir gleich ’nen Zettel, was er für die Rüstung zu tun hat. Trotzdem würd’ ich sag’n – hochgerechnet kommt’s auf etwa sieb’nhun’ert, ein Teil davon bleib’ ja bei Zubora häng’n.“

   „Siebenhundert nur?“

   „Du kanns’ auch mehr zahl’n, wenns’t willst.“

   „Mir egal.“, lachte Link.

   „Das is lustig. Du tus’ so, als wär das nix. Wo bekomms’ du deine Rubine her?“

   „Ich mähe Gras – töte gierige Kreaturen – wette mit dem Postboten – gehe auf Geisterjagd – aber meistens mähe ich nur Gras. Man glaubt nicht, was sich so alles unter den großen Gräsern verstecken kann.“

   „Hab ich auch schon gehört, dass es da’n paar Verrückte gibt, die tatsächlich ihre Sach’n im Gras versteck’n. Was mach’n die eigen’lich so lang da drin? Ich dachte, das Ding is fertig?“

   „Welches Ding?“

   „Ach was weiß ich’n. Die mach’n ’n Mords Geheimnis drum. Ich durfte nich mal die Entwürfe zeichn’n. Streng geheime Sache.“, es klickte und die Tür ging auf. „Na endlich.“

 

   Kafei kam zuerst heraus, eine riesige Papierschachtel auf den Händen. Sein Grinsen war nicht vergangen. Jedoch waren seine ohnehin schon roten Augen zudem etwas rot angelaufen. Auch war die schwarze Farbe um seine Augen leicht eilig zurechtgewischt worden. Link war sich nicht sicher. Hatte er etwa geweint? Wenn ja, waren es wohl Freudentränen gewesen. Aber weswegen?

 

   „Was hast du da?“, Kafei sagte nichts, sondern ließ nur Ydin vorbei.

   „Und es ist wirklich nicht zu eng?“

   „Nein.“, strahlte Kafei. „Es ist einfach nur perfekt. Du bist ein wahrlicher Segen.“

   „Das bedeutet mir sehr viel, weißt du?“

   „Ja. Mir bedeutet es noch viel mehr.“, er umarmte die Schneiderin kurz, was angesichts der Schachtel etwas mühsam war.

   „Dein Kostüm?“, fragte Link.

   „Ja.“, strahlte Kafei noch mehr, aufgeregt wie ein kleines Kind an seinem Geburtstag.

   „Als was gehst du bitte? Als Dodongo? Raubschleim?“

   „Nein.“, lachte er.

   „Darf ich es sehen?“

   „Tut mir leid, aber es ist eine Überraschung. Niemand darf es sehen, bis ich es anhabe. In diesem Sinne – kann ich dir vertrauen?“

   „Ja. Also zeigst du es mir doch?“

   „Nein. Ich möchte, dass du es verwahrst. Du weißt schon wo. Aber bitte nur verwahren, nicht ansehen.“

   „In Ordnung. Du kannst mir vertauen. Ich schulde dir ohnehin was.“

   „Ich danke dir. Euch beiden. Ihr seid wahrhaftig Geschenke des Himmels.“

   „Na lass das mal nicht Anju hören.“, lachte Link. „Sonst wird sie vielleicht eifersüchtig.“

   „Hilfe! Wie die Zeit verfliegt! Es ist fast zehn Uhr. Ich sollte mich beeilen. Kommst du mit oder was machst du?“

   „Ich muss in die Bergsiedlung. Dann, denke ich, werde ich mich ein bisschen in der Stadt umsehen – schauen, ob und was sich verändert hat – Tingle abschießen – “

   „Gut.“, lachte Kafei. „Ist wohl besser so. Jetzt wo so ziemlich alles geregelt ist, ist mein Beruf langweilig. Und auch sonst ist er nicht gerade abwechslungsreich. Außer man versteht die gleichmäßige Aufteilung von Langeweile und vollkommenem Stress als Abwechslung. Bis später.“, er ging ohne ein weiteres Wort.

 

 

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