- Kapitel 18 -

Der Wert des Lebens

   Er hasste es, so aufzuwachen. Auch wenn er in Kafei’s schützenden Armen lag und zudem von ihm gestreichelt wurde, so wurden sie doch beobachtete. Kafei merkte es ebenfalls, ignorierte es aber. Wer beobachtete sie diesmal? Es war nicht Anju. Sie lag auch nicht neben ihnen. Es waren zwei, so viel wusste er. Auch, dass sie nicht sehr groß waren. Doch wir groß? Ungeduldig öffnete Link die Augen und schrak doch leicht auf. Am Fuße des Bettes saßen Juro und Taya, beide breit grinsend. Auch Kafei schreckte hoch, da Link es getan hatte.

 

   „Guten Morgen!“, trällerten die beiden Kinder im Chor.

   „Was zum – ?“, hauchte Kafei, Link lächelte aber, als er ihre freudigen Gesichter sah.

   „Wir kommen mit einer Botschaft.“, grinste Juro. „Sie kommt von Mama, Romani, Cremia, Rim, Vaati, Opa, Oma, Ydin, Frano, Franin, aber vor allem von Mama.“

   „Und die wäre?“, fragte Link.

   „Das Frühstück ist fertig.“, kicherte Taya und Kafei ließ sich seufzend zurückfallen, Link mit sich ziehend.

   „Richtet ihr aus, wir kommen schon.“, murmelte Kafei und die beiden Kinder sprangen quietschvergnügt vom Bett, stürmten hinaus und knallten die Tür zu.

   „Verdammt.“, murrte Link, drehte sich schräg über Kafei auf den Rücken und streckte sich leicht durch. „Geht das nicht leiser?“

   „Nein.“, meinte Kafei nur, schob Link’s Oberteil leicht hoch und streichelte ihm den Bauch. „Na? Wieder alles in Ordnung?“

   „Könnte nicht besser sein.“, lächelte Link mit geschlossenen Augen und fuhr durch Kafei’s schon wieder zerzauste Mähne.

   „Nicht?“, schmunzelte Kafei, fuhr etwas höher und lockte ein leises Stöhnen aus Link heraus.

   „Vielleicht doch.“, er drehte den Kopf zur Seite und küsste Kafei’s Adamsapfel. „Könntest du mich bitte aufklären, was du gestern alles zwischen deinem Stöhnen gefaselt hast?“

   „Bitte?“, gluckste Kafei.

   „Du bist ziemlich oft in Shiekjiarnjinjú abgedriftet.“

   „Oh. Aber dafür, dass du mich jetzt um Übersetzungen von Wörtern bittest, von denen ich vermutlich nicht einmal weiß, dass ich sie gesagt hab, hast du doch sehr gut verstanden, was ich wollte.“

   „Du hast es mir dann doch immer sehr deutlich klar gemacht. Und was `srinja´ heißt, hab ich mir von damals gemerkt.“

   „Na dann – Lust auf etwas Morgengymnastik?“

   „Darf ich vorher aufs Klo? Und mich eventuell duschen?“

   „Tu, was du nicht lassen kannst.“, seufzte Kafei und ließ Link ins Bad.

 

   Währenddessen sperrte er aber die Tür zum übergroßen Königsgemach ab, schob wieder einmal einen Kasten davor und ging danach leise zu Link ins Bad, der bereits unter der Dusche stand. Auch diese Tür sperrte er vorsichtig ab, zog sich aus und schlich sich langsam zu Link hinein. Diesem entfuhr ein erschrockener Schrei, als sich zwei Arme um seinen Bauch legten.

 

   „Kafei!“, lachte Link.

   „Was dagegen, zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen?“, sagte Kafei ihm gerade noch hörbar ins Ohr.

   „Hier?“

   „Wären es sonst zwei Fliegen?“

   „Du denkst, das funktioniert?“

   „Du warst doch auch skeptisch gegenüber dem Tisch. Außerdem weiß ich, dass es in der Dusche geht. Ja, auch in dieser Dusche. Ich halte dich schon fest.“, er küsste ihm vom Hals über die Schulter.

   „Und wie stellst du dir das vor?“, kicherte Link, woraufhin Kafei ihn umdrehte und leicht mit dem Rücken zur verfliesten Wand drückte.

   „Etwas verrenkter als im Graben.“, lächelte Kafei.

   „Was? Du meinst – so richtig?“

   „Ich sagte doch, Morgengymnastik, oder?“, Link wollte das Wasser abdrehen, doch Kafei hinderte ihn daran, indem er dessen rechtes Bein anhob und sich mit einem tiefen, aber kurzen Kuss gegen ihn rieb. „Das lass schön an. Oder willst du, dass man uns ganz sicher hört?“

   „Du bist wirklich verrückt.“, Link legte seine Arme über Kafei’s Schultern.

   „Ja. Ich stehe dazu.“, grinste Kafei und hob Link vollständig auf seine Hüften.

 

 

~o~0~O~0~o~

 

 

   „Wo bleiben die nur?“, sah Franin fragend zur Tür.

   „Sie müssen ja erst zueinander finden.“, meinte Romani. „Wo hat Link eigentlich geschlafen? Weiß das wer?“

   „Zueinander finden muss hier niemand.“, kicherte Anju.

   „Ja. Wohl eher auseinander finden.“, grinste Dotour und aß genüsslich weiter.

   „Ihr habt doch nicht etwa – “, begann Cremia und Ydin versank beinahe in ihrem Teller, um nicht noch offensichtlicher zu grinsen als Dotour es schon tat.

   „Ja, wir haben uns unser Ehebett geteilt.“, sagte Anju, als wäre es die normalste Sache der Welt, dass ein Ehepaar den Liebhaber des Mannes mit in sein Bett ließ. „Was?“

   „Also – “, hauchte Cremia unschlüssig, „Ich meine – das gestern – ist eine Sache – aber – denkst du nicht, dass du ihnen ein bisschen zu viele Freiheiten lässt?“

   „Zu viele Freiheiten lasse ich ihnen nur, wenn ich zu kurz komme.“, sagte Anju ernst. „Und das tue ich nicht. Die beiden lieben einander und ich liebe Kafei. Außerdem hab ich Link sehr gern. Ich gönne ihm sein Glück, da ich weiß, wie hart es für ihn ist. Darf ich dich daran erinnern, dass ich Kafei schon sehr lange liebe und nicht wie Link ein Jahr, sondern drei Jahre von ihm getrennt war?“, die Tür ging auf. „Ach – da seid ihr ja. Guten Morgen.“, lächelte Anju wieder.

   „Entschuldigt die Verspätung.“, sang Kafei.

   „Kein Problem. Wir sind zwar fast fertig, aber lasst euch Zeit. Wir bleiben so lange sitzen, wenn ihr wollt.“, damit band Anju alle mehr oder weniger an die Tafel im großen Speisesaal über der Küche.

   „Ah!“, kam es von Rim, der plötzlich mitsamt seinem Stuhl nach hinten flog und alle Blicke auf sich zog.

   „Was zum – “, hauchte Esra.

   „Was soll das?“, starrte Rim entgeistert auf Vaati’s Rücken, dieser jedoch aß mit kaltem Blick weiter. „Wofür war das jetzt gut?“, er rappelte sich hoch und setzte sich wieder zu ihm. „Vaati?“, Schweigen. „Was ist los mit dir?“, er wollte ihm die Hand auf die Schulter legen und flog erneut. „Verdammt! Spinnst du, oder was? Was soll das?“

   „Du weißt genau, was das soll.“, schnaubte Vaati und aß energischer.

   „Oh nein.“, hauchte Anju unbemerkt, da alle anderen viel zu sehr auf die beiden Männer fixiert waren.

   „Kannst du mir bitte erklären, was los ist?“

   „Du weißt genau, was los ist!“, Vaati knallte sein Besteck auf den Tisch und drehte sich wutentbrannt zu ihm um.

   „Nein, weiß ich nicht.“, Rim stand noch einmal auf und ging diesmal ohne Stuhl zu ihm.

   „Du weißt es nicht?“, Vaati sprang auf. „Du weißt es nicht?“, er wurde lauter, Rim jedoch trat wieder an ihn heran. „Falls es dich interessiert, ich bin ebenfalls der Telepathie mächtig.“

   „Was willst du damit andeuten?“, er streckte nochmals eine Arm nach dem Magier aus, doch dieser hob angeekelt beide Hände und machte einen Schritt zur Seite.

   „Fass mich nicht an, du widerliches Aas.“

   „Was?“, gluckste Rim ungläubig.

   „Auch wenn ich dir für wenige Minuten vertraut habe und Anju mich schonen wollte und mir deshalb nicht die ganze Wahrheit gesagt hat, so weiß ich doch ganz gut, was in deinem kranken Hirn vor sich geht. Auch weiß ich ganz genau, was du Kafei angetan hast. Also fass. Mich. Nicht. An. Verstanden?“

   „Vaati.“, lachte Rim. „Was – “

   „Halt den Mund.“

   „V- “

   „Halt den Mund!“, schrie er zornerfüllt und ein Windstoß ging von ihm aus, der allen wirbelnd durch Haare und Kleidung fuhr. „Mit wem auch immer du willst, aber nicht mit mir, ja?“, zischte er und seine eigenen Haare und weiten Kleidungsstücke legten sich allmählich. „Ich bin kein Spielzeug und so wie du spielst – “

   „Vaati. Bitte beruhige dich.“, kam es von Anju, doch er ignorierte sie.

   „Und ich bin schon gar kein Fisch, du krankes Schwein! Wenn du dich austoben willst, dann geh doch zu deinen Fick-Kumpanen! Ich bin keine deiner Huren, verstanden? Ich lasse mich nicht vergewaltigen, klar?“, fauchte er, drehte sich auf dem Absatz um und stürmte aus dem Saal.

   „Verdammt.“, jammerte Kafei und wollte ihm hinterherlaufen, doch Anju hielt ihn zurück.

   „Bleib hier. Iss was. Ich mach das schon.“, sagte sie nur und verließ den Saal zügig.

   „Rim.“, hauchte Cremia. „Was hat das zu bedeuten? Was meint er damit?“, er ignorierte sie, sah aber Kafei an, der nicht minder wütend als Vaati zurückblickte. „Rim?“, plötzlich war er verschwunden und Dotour vergrub das Gesicht in den Händen.

   „Was war das wirklich?“, fragte Link leise in die Stille hinein.

   „Ora?“, wandte Kafei sich an die Designerin, noch immer wütend an die Stelle starrend, wo Rim gestanden hatte. „Bring bitte die Kinder nach draußen. Irgendwohin, wo ihr ungestört seid. Spielt was Nettes. Ihr könnt euer Essen mitnehmen.“

   „Papa!“, protestierten die beiden Kleinen.

   „Bitte.“, Ora stand auf, tat was er ihr auftrug und er wartete, bis sie außer Hörweite waren. „Ich bringe ihn um.“, flüsterte er.

   „Was?“, kam es von mehreren.

   „Wenn er Vaati was angetan hat, bringe ich ihn eigenhändig um. Da können wir hundert Mal beste Freunde gewesen sein.“

   „Kafei. Bitte.“, flehte Link. „Was geht hier vor sich? Gestern noch – “

   „Gestern – war eine Einbildung. Das war nicht echt.“

   „Wie – was meinst du?“, Kafei sah Link an und die Wut wich aus seinem Gesicht, wenn auch sein Blick ernst blieb.

   „Er benutzt ihn. So wie er es immer macht. Du fragst dich, woher er diese Narbe im Gesicht hat? Das war eine Warnung. Ich dachte, er würde sie ernst nehmen. Du weißt doch noch, wie er vor mir auf die Knie gefallen ist und ich ihn für sein Unrecht bestrafen sollte? Das war keine Reue. Er hat nur einen Vorwand gesucht. Es wäre die größte Genugtuung für ihn gewesen, wenn ich ihn vor allen gefoltert hätte.“

   „Was redest du da, Kafei?“, Cremia’s Stimme wurde zittrig.

   „Er bittet dich manchmal, gewisse Dinge zu tun, nicht?“, wandte er sich an sie. „Du weißt, wovon ich spreche. Du versuchst es zu ignorieren, weil du denkst, er macht nur üble Scherze. Ist dir schon einmal in den Sinn gekommen, dass er das vielleicht wirklich so meint?“

   „Was?“

   „Dass er das wirklich will? Cremia. Vaati hat Recht. Nérimlath ist krank. Er braucht Hilfe. Und zwar von jemandem, der weiß, wie man solchen Leuten wie ihm helfen kann. Wenn wir niemanden finden, der ihm helfen kann, müssen wir ihn einsperren, bevor er wieder jemandem etwas antut, oder ihn umbringen, damit er niemandem mehr schaden kann, auch nicht sich selbst. Was hat er dir über die anderen Narben auf seinem ganzen Körper erzählt?“

   „Er – er hat gemeint, dass er sehr tollpatschig ist und sie von Kreaturen in den Ebenen hat.“, antwortete Cremia.

   „Was, wenn ich dir sage, dass er sich die selbst zugefügt hat?“

   „Ich würde sagen, du bist verrückt.“, gluckste sie. „Oder – “

   „Denkst du nicht, dass sie dafür zu gleichmäßig sind? Und nur an gewissen Stellen?“

   „Äh – “

   „Wenn er glaubt, einen Fehler begangen zu haben, geißelt er sich. Wenn er traurig ist, nimmt er ein Messer und drückt es sich so lange in die Unterarme, bis es nicht mehr aufhört zu bluten. Er ist ein Masochist. Ja, das ist sein Problem, aber er ist obendrein extrem sadistisch. Er liebt es, gequält zu werden und andere zu quälen. Er liebt es, andere gewaltsam dazu zu zwingen, ihm Schmerzen zuzufügen. Strafen belehren ihn nicht. Sie machen ihn glücklich. Er hatte eine grausame Kindheit. Sein eigener Vater hat ihn fast tagtäglich vergewaltigt. Rim kannte nichts anderes. Seine Mutter hat lachend zugesehen. Er hat sie beide getötet. Sehr verständlich, wenn ihr mich fragt. Aber es hat abgefärbt. Er ist selbst so geworden, weil er eben nichts anderes kannte.“

   „Kafei – “, hauchte Cremia.

   „Was sagst du da?“, jammerte Romani, bleich im Gesicht.

   „Was meinte Vaati mit `Fisch´?“, fragte Link.

   „Als er noch jünger war, hat er ständig vor dem Fischstand am Markt gestanden. Inzwischen haben wir das abgeschafft, aber damals wurden die Fischen noch vor Ort geschlachtet und ausgenommen. Vater und ich waren einer Meinung, dass wir das verbieten müssen. Und nicht nur aus hygienischen Gründen. Rim hat immer zugesehen. Er hat alles genau studiert. Einmal hab ich ihn am Strand erwischt. Er hat einen Fisch gefangen und ihn auf einen großen Stein gelegt. Jeder Fischer tötet die Fische mit einem gezielten Schlag auf den Kopf. Rim hat das nicht getan. Er hat den Fisch lebendig aufgeschnitten, teilweise ausgenommen und hat zugesehen, wie das Tier erstickt und gleichzeitig verblutet ist. Unter größten Schmerzen. Als ich ihn angesprochen hab, hat er mich attackiert. Ich konnte ihn aber überwältigen. Er hat daraufhin nur noch geweint und mir von seinen Eltern erzählt.“

   „Wir haben versucht, ihm zu helfen.“, sagte Dotour mit gesenktem Blick. „Eine Zeit lang hat es funktioniert. Aber langsam kommt alles wieder hoch.“

   „Ist das wahr?“, fragte Esra perplex. „Ihr habt mir das nie erzählt.“

   „Wir wollten es so.“, sagte Kafei. „Umso weniger Leute es wussten, desto besser. Nur Anju mussten wir im Laufe der Zeit einweihen, da sie Verdacht geschöpft hat. Rim selbst hat gesagt, dass wir ihn töten sollen, bevor er gänzlich durchdreht. Er hat wirklich eine gespaltene Persönlichkeit und kann nichts gegen seine dunkle Seite tun. Wenn sie die Macht übernimmt, wird er zur Bestie.“

   „Langsam habe ich wirklich Angst, Kafei.“, sagte Link.

   „Was?“

   „Der Albtraum, den ich hatte. Rim kam nicht darin vor. Wir alle sind darin vorgekommen. Einfach alle, nur Rim nicht. Er war nicht dabei.“

   „Ach jetzt steigere dich nicht so hinein.“, versuchte Kafei ihn zu beruhigen. „Wir klären das. Er braucht eine Weile, um sich zu beruhigen. Ein paar Minuten für sich. Dann kommt er ohnehin zu Vater und will darüber reden. So weit konnten wir ihn erziehen. Ich hoffe nur, dass Anju es schafft, Vaati zu beruh-“

 

   Plötzlich ertönte ein durch die Wände gedämpftes Kreischen von draußen. Alle Köpfe schnellten zur Tür. Genau so schnell rannten sie allesamt aus dem Speisesaal und folgten einem weiteren Kreischen. Mehrere Wachen und andere Leute hetzten ebenfalls in ihre Richtung. Die Schreie kamen von außerhalb des Schlosses. Alle, die es gehört hatten, waren so schnell sie nur konnten zur Quelle des Entsetzens geeilt. Auch Anju und Vaati waren eingetroffen. Ora drückte Kafei’s Kinder so an sich, damit sie es nicht sehen mussten. Kafei zog einen Dolch, schleuderte ihn in die Luft und fing ihn wieder auf, noch bevor Rim den Boden berührte. Auch ihn fing er auf und nahm ihm die Schlinge vom Hals. Link kramte verzweifelt nach seinem Medaillon und drückte eine Flasche in Rim’s Hände. Die Fee kämpfte sich frei und tat ihr Bestes. Dennoch begann Rim nicht wieder zu atmen. Wenn auch knapp, doch sie waren zu spät. Er blieb einfach nur schlaff in Kafei’s Armen liegen und regte sich nicht mehr, nie mehr wieder. Genauso schlaff saß Link da und starrte den toten Mann in Kafei’s Armen an.

 

   „Glaubst du mir jetzt?“, hauchte er nur.

 

 

~o~0~O~0~o~

 

 

   Schweigend halfen Link und Vaati Kafei dabei, das Totenmal zuzubereiten. Sie hatten beschlossen, den Magier mitzunehmen, da er sich das ganze Begräbnis über ständig die Schuld an Rim’s Selbstmord gegeben hatte und sie verhindern wollten, dass er dessen Verzweiflungstat folgte. Sie hatten ihn in ihrer kleinen Runde auf dem Friedhof von Ikana beigesetzt, den sie über einen verborgenen Pfad betreten hatten. Dennoch waren viele andere abseits gestanden, da Rim doch fast jeder der Flüchtlinge und der Ikanier gekannt, oder zumindest beiläufig mit ihm zu tun gehabt hatte. Als Kafei mit zittriger Stimme ein Trauerlied angestimmt hatte, traten auch in die letzten, tapfer trocken gebliebenen Augen, dicke Tränen, die sich nicht davon abhalten ließen, überzuquellen.

   Sie hatten auch beschlossen, das Essen auf punkt zwölf Uhr vorzuverlegen und auch das Abendessen eine Stunde nach vorne zu verschieben, da sie für den nächsten Tag vorschlafen mussten. Zwischen den beiden Essen würden sie dann ihre Vorgehensweise besprechen. Der nächste Tag war Kafei’s Geburtstag. Als einzige Geschenke wünschte er sich, dass sie Termina zurückerobern und Link’s Albtraum ein Albtraum bleiben würde. Er hatte diese Wünsche nur nicht ausgesprochen, da er sie sich für die Kerzen am nächsten Tag aufheben wollte, so wie Link es ihm gesagt hatte. So hatte er rein den Entschluss gefasst, einen erneuten Angriff zu starten, mit dem Argument, wenn ihm niemand folgte, würde er alleine losziehen.

   Doch nun teilte er nur Vaati und Link zu kleinen Aufgaben ein, wie das Schneiden von Zutaten oder das Holen von diversen Utensilien. Zuerst hatte er mit dem Gedanken gespielt, Rim’s Lieblingsessen zu kochen. Da ihm das aber zu makaber vorkam, kochte er das, was ihm am besten schmeckte. Der Hintergedanke, der sich dabei immer wieder in seinen Kopf drängte, war auch sehr makaber, aber er würde ihn nicht äußern. Denn wenn der morgige Tag wirklich sein letzter sein sollte, so wollte er zumindest eine Henkersmahlzeit genießen können. Wieder einmal daran denkend, als er sich gerade von Link einen Keramikteller zum Unterhalten beim Kosten reichen ließ, glitt ihm dieser aus der Hand und traf klirrend in unzählige Stücke zerspringend auf den harten Steinboden. Kafei besah sich den Scherbenhaufen und brach in Tränen aus. Link reagierte schnell und zog ihn in seine Arme, bevor er zusammenbrechen konnte. Vaati stand nur da und beobachtete das Paar traurig.

 

   „Ich nehme alles zurück.“, flüsterte Link. „Du wirst am Ende des morgigen Tages nicht tot sein. Weißt du auch warum?“, Kafei sah auf. „Weil morgen dein Geburtstag ist und vor allem, weil ich dich mehr als alles andere in diesem verkorksten Universum liebe. Das macht dich unsterblich.“, Kafei lachte zaghaft, aber sichtlich gerührt.

   „Was täte ich nur ohne dich?“

   „Die Teller selbst holen oder Vaati mit Arbeit überhäufen.“, sagte Link knapp.

   „Ja. So in etwa.“, schniefte Kafei und Link holte ihn in einen zärtlichen Kuss.

   „Ihr entschuldigt?“, sagte Vaati nach einigen Sekunden und trennte die beiden damit wieder.

   „Ja?“, Vaati ließ seine Hand schwingen und die Scherben flogen leicht in die Luft, um sich dann wie von alleine im Mülleimer niederzulassen.

   „Tut mir leid, dass ich gestört habe. Ich wollte euch nur nicht unnötig weh tun.“

   „Oh. Danke.“, lächelte Kafei. „Solche Schnitte sind nicht die Welt.“

   „Und ich dachte schon, du wärst noch immer eifersüchtig auf mich.“, gluckste Link verhalten.

 

   „Was? Oh – nein. Keine Sorge. Anju hat mir die Au- ähm – sie hat mir gesagt, worauf es im Leben ankommt. Ihr habt meinen Segen. Und bitte versteht das nicht falsch. Ihr habt wirklich meinen Segen. Den meines jetzigen Selbst, nicht den meines alten, gestörten Egos.

   „Danke.“, sagten beide gleichzeitig.

   „Ach und – umrühren wäre angesagt.“

   „Warum hast du die Formulierung geändert?“, fragte Link, als sich Kafei hektisch wieder dem Essen widmete.

   „Du hast es gemerkt.“, seufzte Vaati.

   „Natürlich hab ich es gemerkt. Du wolltest sagen, dass sie dir die Augen geöffnet hat, oder?“

   „Ja.“

   „Und? Hat sie das doch nicht?“

   „Sag’s ihm schon.“, meinte Kafei nur.

   „Na gut. Ich weiß, dass ich dir vertrauen kann.“, er streifte sich das verdeckende Haarbüschel hinters Ohr.

   „Um Himmels Willen! War ich das?“

   „Nein. Das kommt dabei raus, wenn man als Minish seinen besten Freund küsst.“, sagte Vaati knapp. „Und ja, ich hab die Formulierung geändert, weil ich seit diesem kleinen Unfall auf dem rechten Auge blind bin.“

   „Das ergibt durchaus Sinn.“, überlegte Link. „Vieles ergibt so durchaus Sinn.“

   „Gut. Dann hätten wir das hinter uns.“, lächelte Vaati, wenn auch leicht niedergeschlagen.

   „Vaati!“, die Tür war aufgegangen und Romani stand erschrocken im Rahmen.

   „Ja?“, er versuchte verzweifelt, die Haare zurück zu schleudern, doch sie hatte die Narben schon gesehen.

   „Was ist mit deinem Gesicht passiert?“

   „Lange Geschichte.“, antwortete Vaati nur.

   „Sagst du es trotzdem?“, drängte die junge Frau.

   „Nein.“, kam es von den drei Männern.

   „Er hat es gerade eben mir erzählt und das ist ihm schon sehr schwer gefallen.“, erklärte Link ihr und sie ließ die Schultern hängen. „Was machst du eigentlich hier?“

   „Ich wollte wissen, ob ich helfen kann.“, sagte Romani belanglos.

   „Hast du vorher oben gefragt?“, kam es von Kafei, der sich aber nicht vom Essen abwandte.

   „Ich bin kein Kind mehr. Und ja, ich hab trotzdem gefragt.“

   „Und? Wer hat was gesagt?“

   „Nur dein Vater hat was gesagt. Er meinte, nur wenn es unbedingt sein muss. Also – “, Kafei seufzte. „Was?“

   „Autsch.“, flüsterte Vaati, drehte sich von ihr weg und half Kafei beim Umrühren.

   „Romani?“, kam Dotour’s Stimme von hinter ihr.

   „Ja?“

   „Was tust du hier unten? Komm wieder hoch zu uns.“

   „Aber – ich – na gut.“, sie watschelte gelangweilt nach draußen und schloss die Tür hinter sich, Kafei wartete, bis ihre Schritte nicht mehr zu hören waren.

   „Ich bin kein Kind mehr.“, die beiden anderen brachen in schallendes Gelächter aus, da er haargenau wie sie geklungen hatte.

   „Whow!“, beruhigte Vaati sich langsam. „Kannst du das noch einmal?“, Kafei tauchte einen Finger in den Bratensaft und drückte ihn auf Vaati’s freie Wange.

   „Vaati! Was ist mit deinem Gesicht passiert?“, er riss die Augen auch gleich weit auf, wie Romani zuvor.

   „Göttlich.“, lachte Vaati und wischte sich den Saft ab. „Einfach nur göttlich. Wo hast du das gelernt?“

   „Irgendwie muss man sich ja die Zeit vertreiben, in der man gelangweilt im Büro sitzt, oder?“, kicherte Kafei, wieder normal.

   „Faszinierend. Kannst du auch andere nachmachen?“

   „Ja!“

   „Verdammt!“, lachte Link. „Das war der Postbote! Ich wusste ja, dass du eine überzeugende Frau bist, aber du überraschst mich immer wieder neu.“

   „Wirklich?“

   „Kafei!“, lachte Link ungläubig, da er gerade sich selbst gehört hatte.

   „Wer?“

   „Hör auf damit.“, lachte Link weiter.

   „Er kann nicht.“, schüttelte Vaati grinsend nur den Kopf. „Wir haben ihn verwirrt.“

   „Ich bin nicht verwirrt!“, sagte er nun mit Vaati’s Stimme.

   „He! Dieb! Hilfe! Kafei hat meine Stimme gestohlen!“

   „Dafür hast du sie aber noch recht gut.“, Anju hatte unbemerkt den Raum betreten. „Was macht ihr hier? Was ist so lustig? Man hört euch bis nach oben lachen.“

   „Das ist etwas kompliziert.“, sagte eine zweite Anju vor dem Herd und verringerte alle Feuer, damit nichts mehr anbrennen konnte, aber dennoch warmgehalten wurde, da alles fertig war.

   „Kafei! Nicht schon wieder.“, sie drehte die Augen über.

   „Hilft mir mal jemand?“, er war wieder er.

   „Womit? Dich selbst wieder zu finden?“, kicherte Link.

   „Nein, Gurke. Mit dem Rauftransportieren.“

   „Das übernehme ich.“, meinte Vaati. „Was soll ich tun?“

   „Ich nehme die Suppe, du deckst.“

   „Gut.“

 

   Vaati ließ die Hände schwingen und das benötigte Besteck sowie Teller und Servietten als auch ein großer Untersetzer surrten aus den jeweiligen Schränken. Sie stapelten sich feinsäuberlich wieder auf seinen Händen und schon war er verschwunden. Kafei folgte mit dem großen Topf, den er mit zwei Tüchern hielt.

 

   „Ja, jetzt erlebst du das auch einmal.“, seufzte Anju, als sie Link’s Blick sah.

   „Ehrlich? Ich bin sprachlos.“, gluckste er.

   „Du hast was gesagt.“, sie zeigte ihm die Zunge.

   „Ach jetzt.“

   „Weißt du, Kafei hat es gewusst. Er hatte einen Traum. Ein halbes Jahr vor dem Angriff. Und er wusste, dass es nicht nur ein Traum war. Am Morgen ist er aufgestanden und hat Informationsschreiben verfasst. Jeder Bewohner Terminas sollte auf Ort und Stelle Name, Lieblingsfarbe und alle anderen wichtigen, persönlichen Dinge aufschreiben und die Notiz mitgeben.“

 

   „Äh – “, begann Link, beschloss aber, zuzuhören.

 

   „Er hat alle gesammelt und zum Schmied gebracht. Dieser hat für jeden Bewohner Terminas ein individuelles Medaillon gestaltet. So eines wie du es hast. Sie wurden aufgeklärt darüber, warum, wie sie funktionierten und vor allem, dass niemand in Panik ausbrechen müsste. Es wurde ihnen auch gesagt, dass sie, wenn es so weit sein sollte, in Richtung Ikana fliehen sollten. Er hat aufgetragen, dass von den Anführern genau beobachtet werden sollte, wer zu übermäßiger Panik neigen würde. Zu denen ist er persönlich gegangen, um sie zu beruhigen. Kafei hat dafür gesorgt, dass ganz Termina auf diese Katastrophe bestens gewarnt und vorbereitet ist. Er hat dafür gesorgt, dass falls wir tatsächlich angegriffen werden sollten und falls es Überlebende geben sollte, niemand von ihnen komplett von Null anfangen würde müssen.“

 

   Link war fasziniert von dieser Geistesgegenwart, aber nun verstand er, warum Kafei als Anführer anerkannt worden war.

 

   „Ich weiß nicht was schlimmer war – die Monate in denen wir rein aus den Medaillons gelebt haben oder die, die wir hier in Ikana verbracht haben. Aber Kafei’s materialistische Aktion hat dafür gesorgt, dass ihm ganz Termina vollstes Vertrauen geschenkt hat. Er hat ihnen die Hoffnung gegeben, selbst mit dem Schlimmsten fertig zu werden. Und so nebenbei hat er den Schmied aus eigener Kasse bezahlt, der eigentlich sogar darauf bestanden hat, es umsonst zu machen. Und weißt du wie er König geworden ist?“

 

   Das wusste er natürlich nicht, vermutete aber einen Zusammenhang. Dennoch entgegnete er ihr ein logisches Kopfschütteln.

 

   „Noch bevor die Medaillons fertig waren, hat der Schmied eine Unterschriftensammlung in Ikana starten lassen. Jedes Ikaniers mit Entscheidungsfähigkeit Unterschrift auf Ja oder Nein. Sie haben ihn mit siebenundneunzigprozentiger Mehrheit zum König gewählt. Diese Blätter hat er ihm mitsamt den Kisten mit den Medaillons mitgebracht, hat sich ohne ein Wort aber mit einem Lächeln verneigt und ist wieder gegangen. Sein einziger Kommentar war neben seiner Unterschrift, ganz unten auf der letzten Seite: `Weil Ihr anders seid als Euer Urgroßonkel, der uns aufgrund seines Blutes führte. Nun führt uns Euer Herz, mein und unser aller König.´ Er musste es quasi annehmen und hat es mit Ehrfurcht gegenüber seinem Volk getan.“, die beiden anderen tauchten wieder auf.

   „Ihr seid ja noch immer hier.“, stutzte Kafei und Vaati befüllte auf seine eigene Art ein Tablett mit verschiedenen Sorten Gläsern, während Kafei in den Kühlraum ging und mehrere, unterschiedliche Flaschen in Kühlbehältern herausholte, bevor sie erneut verschwunden waren.

   „Komm, Link.“, sagte Anju und er folgte ihr nach oben. „Warum hat er dich Gurke genannt? Warte – warst du nicht schon einmal – seine Salatgurke, oder so? Beim Frühstück nach dem Karnevalsbeginn.“

   „Ja. Das – äh – “

   „Selbe Geschichte wie Romani’s Grashüpfer?“

   „Etwas tiefsinniger – wahrhaftig. Schon in der vorangegangenen Nacht, also unmittelbar vor unserem ersten Mal, hat er mich kurz so genannt. Ich hoffe, das hilft dir weiter.“

   „Oh. Ja.“, kicherte Anju nach kurzem Überlegen.

 

 

~o~0~O~0~o~

 

 

   Beim Essen hatte sich ihre Stimmung wieder schlagartig getrübt. Den Abwasch übernahmen die Frauen freiwillig, ohne auch nur ansatzweise darum gebeten worden zu sein und Ora wurde wieder mit den Kindern davon geschickt. So saß der männliche Rest etwas länger beisammen und schwieg sich an, bis –

 

   „Wie ist er gestorben?“, kam es leise von Vaati.

   „Er hat sich doch erhängt.“, antwortete Kafei. „Die Fee hat kapituliert. Wie viel toter k– “

   „Nicht Rim. Und die Frage ging nicht an dich.“

   „Dann stell sie nicht wahllos in den Raum.“

   „Ja, ja. Ich meinte Onnoru.“, auch wenn er forscher wurde, so hatte Link doch den Eindruck gehabt, bei der Frage an sich, einen leicht traurigen Unterton gehört zu haben – doch –

   „Wer?“, fragte er nach.

   „Was?“

   „Wer ist das?“

   „Bitte?“, raunte Vaati.

   „Tut mir leid, aber ich kenne keinen – Onnoru.“

   „Hab – ich – hab ich? Oh. Entschuldige. Macht der Gewohnheit. Ganondorf.“

   „Ach so! Ihr nennt ihn so.“

   „Äh – wir?“

   „Die Minish?“

   „Oh. Nein. Sie nennen ihn Thrani. Das bedeutet `Monster´. Und so nebenbei, ich bin Thrani-nakú. Das kleine Monster. Onnoru war sein richtiger Name. Warum wunder ich mich eigentlich, dass ihr das nicht wisst.“, er schüttelte leicht den Kopf.

   „Richtiger Name?“

   „Nicht gerade furchteinflößend, oder?“

   „Tz. Also `Vaati´ ist auch nicht gerade furchteinflößend.“, bemerkte Franin.

   „Danke.“, sein leicht wütender Tonfall wurde etwas niedergeschlagen. „Wenn ihr alle so denkt, steht ihr ziemlich allein mit eurer Meinung. Und eigentlich heißt es ja Ganon’d orf. Ganon’s Hülle. Er hat diese Bezeichnung nur akzeptiert, weil er sich dafür verabscheute, der Wirt eines schmarotzenden Dämons sein zu müssen. Aber egal. Wie ist er gestorben?“

   „Ich hab ihn erstochen. Zwar hat ihn das nicht getötet, aber es hat ihm die gestohlene Kraft entrissen. Schlussendlich war es Zanto, der sich gerächt hat. Es gibt zwar keinen Beweis dafür, aber ich hab es deutlich gespürt. Auch ist er nicht an der Verletzung gestorben. Zanto hat ihm das Genick gebrochen. Und es war ganz bestimmt Zanto. Zelda war nämlich doch etwas erschrocken, als es geknackt hat. Also war sie es nicht. Was ich nur nicht verstehe, sie hat dieser mordlüsternen Seele auch noch die Ewige Ruhe geschenkt. Ich hätte ihn brennen lassen.“

   „Sie hat es getan, weil sie seine Beweggründe kannte. Sie hat in sein Herz geblickt. Sie hat das Gute in ihm erkannt.“

   „Ganondorf? Gut?“, was wollte Vaati nun mit dieser Verteidigung bezwecken?

   „Du hast mir doch bis heute auch nicht vertraut.“

   „Hallo?“, fauchte Link.

   „Er mag mich vielleicht manipuliert haben, aber er hat mich nie kontrolliert. Ja, das verteidigt mich jetzt nicht gerade, aber ich möchte nur so nebenbei erwähnen, dass ich genug Zeit an seiner Seite verbracht habe, um ihn in allen Facetten kennen zu lernen.“, er hoffte, dass die Wärme, die gerade in sein Gesicht trat, keine Farbe annahm, die sich sonderlich von seiner Haut unterschied.

   „Schön. Ich hab auch eine Menge seiner Facetten kennen gelernt. Hauptsächlich, indem er sie auf mich geschleudert hat.“

   „Link.“, hauchte Kafei mahnend.

   „Was?“, fauchte er zurück. „Ist doch wahr.“

   „Ich dachte, du – “, sein Blick war wieder auf Vaati gerichtet, der nur leicht den Kopf schüttelte und den Tisch anstarrte, aber ein kleines Schmunzeln nicht verbergen konnte.

   „Wartet mal – “, Franin erhob unsicher den Zeigefinger. „Hab ich diese Schlussfolgerung gerade richtig gezogen?“

   „Diese Schlussfolgerung hättest du schon vor einem Monat ziehen sollen.“, lachte Kafei. „Es weiß doch längst jeder, dass Vaati nicht minder bi ist als ich, anscheinend. Und ihr habt wirklich – ? Du und Ganondorf?“

   „Am Ende war es eine einmalige Sache, eigentlich. Ich konnte es ihm nicht antun. Er hat sich danach so schlecht gefühlt, seine Frau betrogen zu haben.“

   „Frau?“, bei allem was Link heilig war, jetzt übertrieb Vaati wirklich – oder nicht? „Er war verheiratet?“

   „Nicht direkt. Wer hätte ihn schon getraut? Aber sie haben sich das Versprechen gegeben. Leider haben sie sich aus den Augen verloren. Ich durfte sie zwar nicht kennen lernen, aber Zelda hat mir in einem Brief von ihr geschrieben. Darüber, wie sie ihr die Nachricht überbracht hat. Sie ist in der Tür zusammengebrochen. Zelda hat gemeint, es wäre schrecklich gewesen. Die beiden haben einen sechsjährigen Sohn. Onnoru musste sterben, ohne es zu erfahren.“

   „Ich dachte, Männer sind eine Rarität bei denen?“, fragte Dotour.

   „Sie ist keine Gerudo. Und der Kleine hat angeblich auch mehr von ihr. Aber er hat seine Größe. Für sein Alter soll er extrem groß sein. Auch hat sie gemeint, seine Augen und Haare würden leicht rötlich schimmern. Aber sonst sieht er so aus wie sie. Zelda hat geschrieben, dass sie es nicht übers Herz gebracht hat, ihr zu sagen, wie er gestorben ist. Genau so wenig hat sie es bei mir geschafft. Sie hat nur gesagt, dass es relativ schnell gegangen ist und dass er nicht viel gelitten hat. Er hätte es auch nicht verdient. Ja, ein Teil von ihm hat schlimme Dinge getan. Aber das war der Teil von ihm, der von diesem Dämon besessen war. Der andere Teil hatte es nicht verdient, sich diesen Körper mit einem Biest zu teilen.“

   „Ich bin also wirklich der einzige von uns, der noch nie was mit einem anderen Mann hatte? Oh – ach ja. Du bist ja auch noch hier.“, seufzte Franin beiläufig zu seinem Vater, der sich, nicht unbemerkt, leicht abwandte. „Äh – wie jetzt – bist du hier?“

   „Nein, ist er nicht.“, kicherte Dotour verhalten.

   „Ach komm schon.“, jammerte Frano zu seinem Sohn. „Da hab ich doch noch nicht einmal von der Existenz deiner Mutter gewusst.“, Dotour kicherte erneut.

   „Ist doch gar nicht wahr. Du hast bei ihr Käse gekauft.“

   „Was?“

   „Du weißt doch – den du so gern hattest, obwohl er bis in die Berge gestunken hat.“

   „Das war – “

   „Das war Ydin.“, stutzte Dotour. „Ich dachte, du wärst selbst draufgekommen. Deshalb hab ich nichts gesagt. Was ein neuer Haarschnitt bewirken kann.“

   „Du weißt also, mit wem?“, wandte Franin sich an ihn.

   „Oh ja.“, gluckste Dotour.

   „Mit wem?“, kam es von Kafei.

   „Steine.“, sagte Dotour knapp.

   „Steine?“, fragte Franin verwirrt.

   „Steine.“, seufzte Frano.

   „Steine.“, grinste Link.

   „Welche Steine, verdammt?“, raunte Franin.

   „Jetzt weiß ich, warum ich nie gefragt hab.“, schnaubte Kafei.

  Die Steine?“, war sich Vaati nicht sicher. „Die Vorgänger der Karten?“

   „Ganz genau diese Steine.“, grinste Dotour noch mehr als Link.

   „Welche Steine? Und welche Karten?“

   „Das ist nicht so wichtig.“, lächelte Link. „Willkommen im Verein, ja?“

   „Wenn wir noch immer das selbe Thema haben – welchem Verein dann?“

   „Dem Verein der Raritäten.“

   „Welche Rarität bist du denn in diesem Fall?“

   „Also hör mal.“, meinte Link gespielt entrüstet. „Ich bin hier das einzige Individuum, das durch und durch schwul ist, ja? Ich bin genau so einseitig ausgelegt wie du.“

   „Aber du wurdest auch schon von einem Mädchen geküsst.“, bemerkte Kafei.

   „Exakt. Ich wurde geküsst. Sie mich, nicht ich sie.“

   „Du hast dich nicht gewehrt.“

   „Was hättest du getan? Ich war mir erst danach sicher, dass das eindeutig nicht mein Fall ist. Sie hat mich bitteschön quer durch den Canyon geküsst. Speichelflut, sag ich nur.“

   „Wir ertränken sie.“, seufzte Vaati, die Arme auf dem Tisch verschränkt und den Kopf darauf ruhend.

   „Was?“, horchte Dotour auf.

   „Wir stauen den Fluss auf, bis der gesamte Canyon voll ist und lassen ihn dann auf die Ebenen los. Das müsste reichen, um fast ganz Termina zu fluten. Mit denen in den Bergen werden wir dann schon fertig.“

   „Tz.“

   „Das ist gar keine so schlechte Idee.“, überlegte Kafei „Wenn sie nicht schwimmen und tauchen könnten, falls du das schon vergessen hast.“, fauchte er dennoch hinzu.

   „Was soll denn das jetzt?“, kam es von Franin.

   „Danke.“, hauchte Vaati.

   „Nein. Wirklich. Zwar nicht der Fluss, aber so ähnlich. Wir treiben sie zusammen. Eigentlich du. Du treibst sie mithilfe des Windes alle in die Ebene. Dort brennen wir sie nieder.“

   „Das – ja – “, dachte nun auch Link ernsthaft darüber nach. „Das könnte funktionieren. Wie viele Fässer Alkohol und Öl können wir auftreiben?“

   „Eine Menge.“, meinte Frano.

   „Haben wir einen großen Wagen?“

   „Ganz sicher mehrere. Die Bauern im Hinterland haben welche.“, sagte Kafei.

   „Gut. Also dann machen wir es so. Vaati, du musst wohl die größte Arbeit machen. Du reitest mit dem Wagen durch das Feld und verteilst die Fässer gleichmäßig – äh – du lenkst, wir verteilen. Dann versuchst du, auf den Uhrturm zu kommen. Wir folgen dir. Die Kugel ist ja gefallen, also haben wir Platz zum Stehen. Die Pferde können wohl hoffentlich problemlos zurückkehren. Also. Dort oben befehligst du den Wind, alle Schattenbiester in die Ebene zu scheuchen. Kafei, du kannst hoffentlich genug solche Lichtstränge erschaffen, dass sie auch dort bleiben. Mit Brandpfeilen entzünden wir die Fässer. Was nicht dadurch brennt, brennt sich gegenseitig an. Den Rest könnt ihr beide gegebenenfalls magisch verbrennen. Dummerweise habe ich meine Pfeilbomben alle verbraucht und vergessen, neue zu besorgen. Aber es müsste doch funktionieren, oder?“

   „Ja. Da ist was dran.“, sagte Dotour.

   „Tut mir leid, da muss ich passen.“, lächelte Frano schief. „Ich komm niemals auf den Uhrturm hinauf. Ich will aber trotzdem was tun. Auch denke ich nicht, dass sich die anderen davon abhalten lassen, mitzukämpfen.“

   „Ich kann auch nicht klettern.“, gestand sein Sohn. „Wir könnten sie zu Pferde mit Schwertern töten.“

   „Ich weiß nicht, ob das ratsam ist.“, sagte Link. „Aber schaden kann es nicht. Hoffentlich nicht. Bleiben wir also bei genau diesem Plan?“, alle stimmten ihm zu und Link verschwand in die Küche, um den Frauen alles zu erklären, während die anderen sich aufmachten, die Fässer zu besorgen.

 

 

~o~0~O~0~o~

 

 

   Für alle war es eine schlaflose Nacht gewesen, auch wenn sie es bis zur Dämmerung geschafft hatten, alles beisammen zu haben, was sie brauchten. Das Frühstück war nicht belebter als das Totenmal am Vortag gewesen war, mit Ausnahme, dass Kafei eine Torte bekam und, wie er es sich gewünscht hatte, sonst nichts. Auch hatte er seine beiden wirklichen Wünsche beim Ausblasen der Kerzen mit festem Glauben in die Götterwelt geschickt. Angst hatten er und Link dennoch. Für den Notfall hatte er sich und Link seine berühmtberüchtigten Leintücher umgebunden. Auch hatte Link jedem von ihnen zwei Feen-Flaschen an die Gürtel gebunden. Leider waren sie zu zwölft und er hatte nur noch dreiundzwanzig Feen. Er und Kafei hatten lange darum gestritten, dass Kafei besser zwei nahm und Link nur eine. Kafei hatte gewollt, dass Link zwei nahm und er nur eine Fee, doch irgendwann hatte es Vaati gereicht. Er hatte eine der Flaschen gepackt, gegen die Schlossmauer geworfen und die Fee war verschwunden. Nun hatten beide nur die halbe Überlebenschance gegenüber den anderen und mussten damit zurechtkommen, wenn sie schon, wie er gesagt hatte, so kindisch sein mussten.

   Vaati war dann doch etwas bang, als er, mit einem Blick zum mit grauen Wolken verhangenen Himmel, auf den vollgeschlichteten, von sieben Pferden gezogenen, dreifach verstärkten Wagen stieg. Kafei erschuf eine Lichtrampe, die so nah wie möglich an die Ebenen herankam. Viele hatten sich hinter dem Schutzschild versammelt, um ihnen alle Glückwünsche mitzugeben, die sie aufbringen konnten. Link, Kafei und Dotour, mit Pfeilen und Bögen adjustiert, kletterten zu Vaati hinauf und die anderen bestiegen ebenfalls voll bewaffnet ihre Pferde. Sie würden auf Kafei’s Lichtsignal warten, bevor sie in die Ebene stürmten.

   Unten patrouillierten die Schattenbiester, gespannt beobachtend, was hinter dem Schutzschild vor sich ging. Vaati atmete noch einmal tief durch und ergriff die Zügel. Kafei öffnete kurz ein Tor und los ging die holprige Fahrt. Bis zum Boden hatten sie nichts zu befürchten. Auch dann wichen die Biester ihnen anfangs aus. Alles ging gut. Die Fässer wurden nicht beachtet. Bei der zweiten Runde wurde es jedoch brenzlig. Sie ignorierten Vaati’s Macht und begannen, den Wagen zu verfolgen. Vaati trieb die Pferde an ihre Grenzen. Das letzte Fass fiel exakt vor dem Südtor. Link durchtrennte die Gurte und die Pferde waren auf sich allein gestellt. Zu ihrem Glück, waren die Schattenbiester mehr auf die in die Stadt flüchtenden Männer fixiert.

   Fast mühelos liefen sie zwischen den noch nicht alarmierten Kreaturen hindurch und kletterten auf den Uhrturm hinauf. Vaati flog einfach vom Wind getragen empor und wartete auf sie. Ein Stück über dem Turm blieb er schweben und fing an, seltsam hallende Beschwörungsformeln zu sprechen. Sein Gewand und seine Haare bauschten sich. Der Wind um den Turm wurde heftiger und drehte sich allmählich zu einem Wirbel, der absinkend durch die Gassen und Plätze der Stadt fegte und alles in die Ebenen jagte, was sich darin aufhielt. Währenddessen konzentrierte sich Kafei auf seine inneren Kräfte. Aus seinen Händen strömte Licht und er legte die Fäden wie einen hohen Zaun um die Stadtmauer. Der Wind ebbte ab, doch Vaati’s Beschwörung hörte nicht auf. Immer fordernder wurde seine urtümlich anmutende Sprache. Nach und nach strömten mehr fallend als hetzend, unzählige weitere Schattenbiester aus den anderen Regionen Terminas. Als keine mehr nachkamen, fing Kafei auch sie ein. Dann schickte er einen gut sichtbaren Lichtball gen Himmel und Dotour entzündete ihre ersten Pfeile.

   Da geschah das erste Unglück. Er stolperte nach hinten und rutschte ab. Dabei zerbrachen beide seiner Flaschen. Kafei erwische ihn nicht mehr, rutschte aber selbst auch ab. Sich selbst konnte er gerade noch halten, aber Dotour fiel. Vaati schnellte ihm hinterher, fing ihn auf und flog ihn wieder nach oben. Sicher gelandet, versuchten sich die Vier wieder zu fassen, während bereits die Reiter aus Ikana heran stürmten. Dotour entzündete neue Pfeile und Kafei schuf seiner reitenden Familie einen Durchlass. Die ersten Fässer brannten und auch die ersten Biester fingen Feuer. Dotour hatte sich jedoch den Knöchel gebrochen und konnte kaum stehen. Kafei’s Kräfte waren am Ende. Er konnte seinem Vater wieder nicht helfen. So flog ihn Vaati mit dem letzten bisschen Kraft das er noch in sich trug nach unten und landete mit ihm auf Sruna, die den Reitern alleine gefolgt war.

   Niemand hatte bedacht, dass es so anstrengend werden würde. Es brannte nicht einmal die Hälfte der Fässer und Kafei brachte kein Fünkchen Magie mehr zustande. Auch Link war dumm genug gewesen, seine Lampe in Ordon zu vergessen. Und warum war er noch dümmer gewesen und hatte die Flaschen der schon vorher gebrauchten Feen nicht von den Hexen mit grünem Elixier füllen lassen? War er wirklich so wütend gewesen, als sie ihre Beteiligung an der Schlacht verweigert hatten?

   Egal. Der Plan war nach hinten losgegangen. Sie konnten nur darauf hoffen, dass die brennenden Biester, welche einfach nicht endgültig verbrennen wollten, alle anderen mit anzündeten und irgendwann dann doch umfielen. Die beiden Männer sahen einander tief in die Augen, wissend, dass sie die selbe Hoffnung hatten. Ein letzter Kuss und sie stürzten sich zu den anderen, um ihnen mit Mut und Klingen beizustehen. Des Unglücks nicht genug, wurde Kafei beim Landen von einer Kreatur abgefangen und gegen einen der Pfeiler vor dem Osttor geschleudert, an dem auch seine Flasche zerbrach. Zumindest heilte die Fee seine dadurch entstandenen Verletzungen. Link war besser gelandet. Er rannte so gut er mit dem sich aufblasenden Leintuch konnte zu ihm und half ihm gerade noch auf und vom Pfeiler weg, bevor eine weitere Pranke auf ihn einschlagen konnte. Kafei schnitt hastig die Tücher los und sie mischten sich in den Kampf, darauf bedacht, nur jene Monster zu erlegen, die nicht in Flammen standen.

   Es war ein heilloses, lautes Chaos. Alle kämpften für sich und gegen fast alles um sich. Die Chancen für einen Sieg schwanden mit jeder Minute. Immer wieder wurde eine Fee gebraucht. Pferde verendeten kläglich und ließen ihre Reiter zu Fuß auf sich gestellt. Link war so froh, dass er Epona in Ikana gelassen hatte. Jede Sekunde der Schlacht zehrte an ihren mentalen und physischen Kräften. Einzig Vaati, mit einem langen, vollkommen goldenen Schwert zugange, konnte die Wesen wieder ein bisschen auf Abstand halten. So hatten sich die tapferen Kämpfer bald um ihn geschart, um dem sicheren Tod besser zu entrinnen. Nur Link und Kafei kämpften weit abseits.

   Nun traf es Link. Eines der Schattenbiester hatte ihn am Kragen gepackt und von sich geschleudert. Dabei riss die Kette seines Medaillons und das Schmuckstück blieb in der Hand der Kreatur, welche es interessiert untersuchte. Link’s einzige Überlebenschance befand sich in diesem Medaillon. Er musste es wiederbekommen. Er raffte sich hoch, schnitt ganze vier Biester mit einer Wirbelattacke um und rannte dem Dieb entgegen. In diesem Moment flog Kafei erneut durch die Luft. Link schien es, als verlangsamte sich der komplette Lauf der Zeit, ihn selbst miteinbezogen. Noch im Lauf, folgte Link’s Blick Kafei. Kurz bevor Link das Biest erreichte, wurde Kafei mit vollster Wucht gegen ein herabgestürztes Stück der Stadtmauer geschleudert, aus dem ein abgebrochener Holzpfahl ragte. Das splittrige Holz spießte ihn regelrecht auf. Noch nicht einmal, voll Blut, durchbohrte das Holz, seine Wirbelsäule hörbar krackend brechend, Kafei’s Oberkörper in Magenhöhe. Er hatte nicht einmal Zeit, noch einzuatmen. Das Schwert fiel aus seiner Hand und die Lichterstränge erloschen.

   Handlungsunfähig sahen alle anderen mit an, wie Link verzweifelt versuchte, zu reagieren. Er wandte den Blick von Kafei, trennte dem Schattenbiest mit einem Streich die Hand ab, fing das Medaillon auf und eilte Kafei zur Hilfe. Vaati, vom Instinkt gepackt, ritt ihm nach, um sie vor weiteren Angriffen abzuschirmen, die Meute keuchend im Schlepptau. Verzweifelt zog Link den blutüberströmten, leblosen Körper herab und legte ihn ins dürre, teils verbrannte Gras. Er öffnete das Medaillon und drückte die Flasche mit der Fee, welche sich sogleich befreite, in Kafei’s Hände. Zu allen guten Mächten betend, fielen die anderen um ihn zu Boden, während sie von den Kreaturen eingekreist wurden. Die Fee sackte ins Gras und zerfiel zu Staub, doch Kafei regte sich nicht. Verzweifelt packten Vaati und Dotour, der sich nur noch kriechend fortbewegen konnte, Kafei’s Hände und versuchten, alles an Kraft aufzubringen, das sie noch tief in sich hatten. Auch Taya und Juro taten zitternd alles in ihrer noch nicht großen Macht stehende. Nichts. Ängstlich wichen die Schattenbiester zurück, als Link’s wutentbrannter Schrei zum Himmel auffuhr. Dann brach er schluchzend über Kafei zusammen.

 

 

   Stille.

 

 

   Nur das Lodern einiger Feuer, das bitterliche Weinen der Gemeinschaft, das Tappen der noch umherkriechenden Kreaturen und das Säuseln des leichten Restwindes durchbrachen die Leere. Vaati zerrte Link hoch in seine Arme und hielt ihn fest, so gut er konnte.

   Es war nicht möglich. Jeden Moment würde er aus dem erneut geträumten Albtraum aufwachen. Diesmal dauerte er nur etwas länger. Er wollte nur aufwachen, nichts sonst. Er glaubte zu spüren, wie Kafei’s Wärme wich. Es war bestimmt nur ein Luftzug, der die Bettdecke abkühlte. Jeden Moment würde er aufwachen. Doch je mehr er schluchzte, umso lauter wurde das Tappen der Schattenbiester. Er würde nicht aufwachen. Er selbst nicht aus dem Traum, da es keiner war und Kafei – er durfte nicht fort sein. Sie wollten doch zusammen alt werden. Liebe war stärker als der Tod. Er war sicher nur bewusstlos und die Fee einfach eine Versagerin gewesen. Kafei war nicht fort. Er durfte es einfach nicht sein. Das wäre unfair. Mehr als unfair. Allen gegenüber. Was waren alle Jahre des Weiterlebens, wenn er nicht daran teilhaben sollte? Sie waren nichts für Link. Er wollte ihm folgen. Doch wäre es möglich? Müsste er nicht auf die selbe Art gehen, um zu garantieren, dass sie einander auf der anderen Seite, welche auch immer es war, wieder fanden? Er wollte aufstehen und sich den Biestern ausliefern. Er wollte sich so lange herum schleudern lassen, bis er auf dem Holzspieß landete. Sein Körper gehorchte ihm nicht. Er zitterte nur und vergeudete Salzwasser, anstatt dass er einfach aufstand und sich vernichten ließ. Es war unfair. Alles war so unfair. Glück war eine Momenterscheinung – eine Veranschaulichung eines nie erreichbaren Idealzustandes. Es war nur ein Vorhang, auf den Bilder projiziert wurden, bevor er verbrannt wurde. Warum waren jene, die anderen schadeten, so schwer zu erledigen und solche die für alle da waren, nur ein loses Sandkorn im Wind der Zeit?

   Niemand bemerkte die bunten Schleier, die vom Himmel fielen und sich im Kreis zwischen die Gruppe und die verfluchten Twili stellten. Niemand außer Vaati, der mit einem Mal so erschrocken war, dass er jegliche, aufkommende Gefühle vergaß. Hektisch rüttelte er an Link’s Schulter, was diesen zum Aufblicken brachte und auch die Aufmerksamkeit der anderen erregte. Link wischte sich die Tränen aus den Augen, wenn er auch nicht aufhörte, am ganzen Leib zu zittern. Er erkannte sie. Er erkannte die schemenhaften Gesichter in den verschiedenfarbigen Schleiern. Ein weiterer Schleier, silbergrau, fiel herab und landete sanft an Dotour’s Seite, der die rechte Hand seines toten Sohnes hielt. Sachte löste sie seinen Griff und hielt nun selbst Kafei’s Hand, bevor sie den Kopf senkte und die Augen schloss. Die anderen erhoben ihre Hände und bunte Lichtstrahlen legten sich wie eine Kuppel über die Trauernden. Genau über Kafei’s Herz fiel das Licht zu einem goldenen Schein zusammen. Er durchfuhr Kafei’s gesamten Körper. Das Blut verschwand und die Wunde schloss sich, als wäre nie etwas geschehen. Nur der Stoff blieb zerrissen. Etwas leuchtete an seiner Hand. Zelda lächelte Link, als auch Vaati zu und die Weisen kehrten zurück hinauf in ihr Himmelreich, während Zelda selbst sich nach hinten entfernte und ebenfalls auflöste. Als das Zeichen auf Kafei’s Hand erlosch, schlug er langsam die Augen auf.

 

   „Link.“, hauchte er mit einem freudigen Lächeln, als er ihn sah. „Ich habe Din gesehen. Ich glaube, sie hat mir ein Geschenk gemacht. Ganz sicher sogar.“

 

   Er richtete sich selbst auf und betrachtete seinen rechten Handrücken, an dem sich das Zeichen eingebrannt hatte. Alle waren viel zu geschockt, um auch nur irgendwas zu tun. Zwei schwarze Schatten trat an Zelda’s Stelle und lenkten alle Blick auf sich, selbst die der Schattenbiester. Bei jedem Schritt waberte es von ihren Füßen weg, als wirbelten sie Sand in Wasser auf. Immer mehr Schatten kamen aus dem Nichts und ließen die Monster zurückweichen, als sie sich hinter den ersten aufstellten. Link erkannte auch sie. Die Stimme der Frau hallte gespenstisch wider.

 

   „Hallo, Link.“, sie betrachtete amüsiert seinen fassungslosen Ausdruck. „Was? Sag doch etwas! Wortkarg wie immer, oder? Hab ich nicht gesagt, wir würden uns wiedersehen?“

 

   Sie nickte ihrer Heerschar zu, die rasend schnell in alle Richtungen ausschwärmte und durch die nicht gefassten Schattenbiester hindurchfuhr. Nacheinander zerstoben sie und ihre Seelen traten ins Zwielicht über, als sich die Partikel über Unruhstadt zu einem riesigen Strudel vereinigten und verschwanden. Die Twili folgten ihnen verblassend. Midna schenkte Link ein in ihrer Gestalt kaum erkennbares Lächeln und verließ die Welt des Lichts mit dem Aufreißen der Wolkendecke zusammen mit Zanto in ihr Schattenreich.

 

 

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Vaati's Goldenes Schwert

NEIN, ich werde kein Photo auf lilanem Hintergrund machen. Die Farbe hat einen Grund.
Obwohl es Messing ist, ist es scharf genug um Briefe zu öffnen it's.

 


Material: Basis für jedes einzelne Element war ein 5mm dicker Messingdraht
Size: 12cm laaaaaang. Ja, es ist lang. :)

Schmuckstück, Design, Photo, Arrangement: ©Sandra F. Hammer 2011

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